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→Horaz Klotz (3 / 5)
==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (3 / 5)==
King lädt mal wieder zu einem Rennen gegen die Zeit, und das funktioniert ja immer recht gut. - Nur das hier statt einem Countdown die aktuellen Gewichtsangaben die Kapitel einläuten. Unser Autor bleibt seinem Erfolgsrezept treu und liefert eine abgedrehte Grundidee, die dann nüchtern bis zum bitteren Ende durchexerziert wird. Das Schicksal von Billy Halleck und seinen Spießgesellen trifft dabei genau die Art von Körperhorror, die ich mir für so eine Geschichte wünsche. Schleichende, scheinbar unaufhaltsame Prozesse, die gerade genug Anleihen an echte dramatische Krankheitsbilder haben um für ein flaues Gefühl im Magen zu sorgen. Gerade der Abnehm-Fluch erinnert in seiner zynisch-grausamen Einfachheit an das Konzept einer ''X-Factor''-Episode. Aber immerhin einer guten, die lange in Erinnerung bleibt.
Leider funktioniert das Spiel mit dem Klischee, Halleck zum Opfer eines tatsächlichen Zigeunerfluchs zu machen für mich nicht wirklich. Zum einen nimmt es dem Gewichtsverlust ein bisschen von seiner übernatürlichen Macht, wenn man von Anfang an weiß, dass einfach ein verbitterterer Witwer dahinter steckt - zum anderen untergräbt King damit mal wieder seine übliche Predigt, keine Vorurteile gegenüber Vagabunden haben. In einem Satz macht er sie zur diskriminierten und zu Unrecht gefürchteten Randgruppe, im nächsten sind sie schon wieder Flüche schleudernde, Kampfhund züchtende Verbrecher. Immerhin ist Taduz Lemke ein halbwegs interessanter, vielschichtiger Charakter, der sich als überraschend kompromissbereit herausstellt. Dafür fällt die große moralische Frage, die King an seinem Fall aufmachen will, ein bisschen flach. Immerhin hat Halleck die alte Zigeunerin nicht mit Absicht überrollt und wäre er im Gefängnis gelandet, hätte es sie auch nicht zurückgebracht. Da klingen die großen "Wir fordern Gerechtigkeit und Vergeltung!"-Reden ein bisschen hohl.
Dafür ist der Weg zur finalen Konfrontation mit Lemke ganz spaßig zu lesen. King zieht einen waschechten Gangster aus der Tasche und verwandelt die etwas in ihrem eigenen Grauen vor sich hin sumpfende Story kurzerhand in ein Action-Abenteuer. Kaum betritt Ginelli die Bühne nimmt die Geschichte Fahrt auf, dem mit allen Wassern gewaschenen Ganoven zuzuschauen, wie er im Alleingang die Zigeunerbande aufmischt ist so abgedreht, dass es einfach Spaß macht. An dieser Stelle hätte ich tatsächlich gerne noch ein paar ausführlichere Szenen aus verschiedenen Perspektiven gelesen. Schade, dass unser Fluchopfer und Erzähler hier schon zu schwach ist, um sich mit ins Getümmel zu stürzen.
Nach diesem bizarren, aber zumindest witzigen Schlenker verliert sich der Schluss dann leider etwas sehr in der magischen Klischee-Kiste. Die Idee mit dem Fluchkuchen kommt ziemlich aus dem Nichts und ist dann doch eine ganze Spur zu viel Fantasy für mich - womöglich geht das auf irgendwelche amerikanischen Mythen oder urban legends zurück, die ich nicht kenne? Für mich kostet es die Geschichte jede Form von Bodenhaftung und damit letztendlich auch die Spannung. Und der Twist, dass der gefährliche Kuchen, den Halleck vorm Schlafengehen einfach in der Küche abstellt - fehlt nur noch der Hinweis "Für Unbefugte verboten! Wäre wirklich blöd, wenn den jetzt der Falsche isst!" - in den im falschen Händen Magen landet rettet die Geschichte auch nicht wirklich.
Fazit: ''Der Fluch'' hat einiges zu bieten - eine spannende Grundidee, einen fesselnden Antagonisten und eine Menge Gangster-Action, verliert sich aber gegen Ende zusehends in Fantasy-Klamauk. Um im Bild zu bleiben: Was als opulentes Horror-Mahl beginnt, hinterlässt einen etwas faden Nachgeschmack.