Tagebücher
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Immer wieder verwendet King die beliebte Erzählform des Tagebuches (siehe auch Ich-Erzähler).
Inhaltsverzeichnis
Vorteile
Ob ganze Romane, Kurzgeschichten oder nur kurze Einschübe bietet diese Erzählform einige Vorteile, welche die übliche (allwissende oder beschränkte) Erzählperspektive aus der 3. Person nicht liefern kann.
- eine Person kann sich direkt an den Leser wenden, ihn mit "Du" ansprechen, was eine gewisse Spannung beim Leser erweckt
- geheime Gedanken der Charaktere können geäußert werden, ohne das andere Figuren diese erfahren
- Gefühlsbeschreibungen wirken authentischer durch die beteiligten Personen als durch einen Erzähler
- ein Tagebuch ist immer ein persönlicher Gegenstand, der seinem Besitzer Charakter verleiht
- im Falle konkurierender Tagebücher aus verschiedenen Ansichten (z.B. Frannies Tagebuch und Harolds Hauptbuch) können die selben Ereignisse unterschiedlich und damit kritischer beleuchtet werden
- der Fund eines verloren gegangenen Tagebuches kann zu dramatischen Momenten zwischen den Charakteren führen, wenn plötzlich Geheimnisse gar nicht mehr geheim sind.
Beispiele
Ganze Romane
Das Tagebuch der Eleanor Druse (in Kings Auftrag von Richard Dooling verfasst)
- Eleanor Druse erzählt über die mysteriösen Ereignisse im Kingdom Hospital
- da sie zunehmend an Demenz leidet, schreibt sie alles auf und erklärt im Vorwort, man solle das Tagebuch dem Autor Stephen King zukommen lassen, damit er aus ihren übernatürlichen Erfahrungen etwas gewinnen kann
- Die alte Frau leidet unter verschiedenen Krankheiten, wird zeitweise unter bewußtseinsveränderden Medikamenten gestellt und begibt sich oft in meditative Zustände - eine Beschreibung von Außen würde in diesem Falle nur wenig Aufschluss über Realität und Einbildung geben.
- durch die Tagebuchform werden die Geschehnisse nicht unbedingt immer so erzählt, wie sie wirklich sind, sondern wie Eleanore sie wahrnimmt
Das Tagebuch der Ellen Rimbauer (in Kings Auftrag von Ridley Pearson geschrieben)
- Ellen Rimbauer erzählt ihrem Tagebuch mit dem Titel Mein Leben auf Rose Rede von schwierigen Ereignissen aus ihrem Leben: ihre Ehe, sexuelle Verwirrung und den Ausbau der Villa Rose Red
- Paul Edgecombe schreibt in Georgia Pines rückblickend von seinen Erlebnissen auf der Green Mile. Dies ist kein klassisches Tagebuch mit Einzeleinträgen, doch er trägt dieses Buch mit sich herum und gibt es auch seiner Freundin zu lesen.
Kurzgeschichten
- Howard Fornoy berichtet über das Leben mit seinem superintelligenten Bruder Bobby und dem Ende der Welt. Bobby entwickelte eine Medizin, Pazifin, welche alle Menschen von Aggressionen befreien sollte - leider nahm sich Bobby nicht die Zeit, die Nebenwirkungen zu testen und schon bald sterben alle Menschen an den Folgen des Wundermittels (eine extrem schnelle Variante der Alzheimer-Krankheit).
- Inhalt: Nachdem Bobby Schuld am Aussterben der Menschheit ist, bittet er seinen älteren Bruder, der ihm dabei geholfen hat, ihn auch zu töten und alles aufzuschreiben. Howard beginnt über die Kindheit mit seinem Bruder zu schreiben, seiner Charakterentwicklung zum Supergenie und der Entwicklung des Pazifins.
- Das Schreiben fällt Howard immer schwieriger, da auch er von dem Wundermittel infiziert ist. Am Ende kann dieser nur noch unzusammenhängende Sätze schreiben, die sich jeder Semantik oder Syntax entbehren. Es ist davon auszugehen, dass Howard beim letzten geschriebenen Wort ebenfalls verstirbt.
- Der Erzähler schreibt eine Art Abschiedsbrief, bevor er sich das Leben nimmt
- Hierin beschreibt er wie es zu den Morden gekommen ist und wie er Nona kennenlernte
- Er versucht dem Leser davon zu überzeugen, dass Nona keine Einbildung, sondern Realität ist, obwohl keiner außer ihm sie sehen konnte
- ein Mensch, der unter Verfolgungswahn leidet, notiert in einem Tagebuch seine Beobachtungen: Männer die ihn verfolgen, Vermutungen, Spekulationen, Morddrohungen an seine Verfolger
- die Person spricht seine Leser/ Zuhörer direkt mit "Sie" an und stellt zwischen durch Fragen, ob er eine Sache schon erwähnt habe
- das Tagebuch dient ihm als Rückversicherung. Wenn ihm etwas zustößt, werden Mittel in die Wege geleitet, alle von ihm gesammelten Informationen über seine Verfolger zu veröffentlichen
- Richard Pine strandet auf einer einsamen Insel und schreibt in das Logbuch seines Rettungsbootes, was er auf der Insel erlebt
- angesprochene Themen: Pines Vergangenheit, die schlechte Beziehung zu seinem Vater, das Überleben auf der Insel und seine selbstmörderischen Überlebensstrategien
- Besonderheit: wie kein anderer sieht Pine sein Tagebuch als Mittel zum Zweck. Er bringt ihm nur wenig Liebe entgegen (Liebes Tagebuch, heute...), sondern verfasst eher einen Tatsachenbericht und verkündet, das Tagebuch zu verbrennen, sollte er gerettet werden
Tagebuchpassagen
- hier gibt es zwei konkurrierende Tagebücher:
- Frannies Tagebuch
- Fran Goldsmith beschreibt auf ihre süße College-Mädchen-Art, welche Gefühle sie auf der Reise von Stovington, Vermont nach Boulder, Colorado empfindet.
- wichtigste Themen sind: die "schwärmerische Schwärmerei" zu Stu Redman, die Angst, die sie vor dem halbverrückten Harold Lauder hat, Ereignisse (Schießereien, Befreiungsaktionen, Todesfälle) auf ihrer Reise und häufig als Schlusswort eine Erinnerung, wie das Leben vor der Supergrippe war
- Motivation: Fran schreibt sich ihren Kummer (gespaltene Gefühle zu Harold, der Verlust ihres Vaters, die Angst um ihr ungeborenes Kind) von der Seele und fühlt sich für ihr ungeborenes Kind verantwortlich, ein Zeugnis von der Welt vor seiner Geburt abzulegen
- Frannies Tagebuch
- Hauptbuch
- Harold Lauder findet das Tagebuch von Frannie, in die er verliebt ist und erfährt, dass diese ihn für einen Verrückten hält und Stu Redman liebt. Harold ändert sein ganzes Leben (symbolisiert durch sein schreckliches Grinsekatzenlachen) und richtet es auf einen neuen Zielpunkt: er will um alles in der Welt Stu aus dem Weg räumen.
- Schreibstil: Harold nennt sein Tagebuch nicht Tagebuch, sondern Hauptbuch, wie ein Politiker, der Rechenschaft über seine politischen Taten ablegen will. So ist das Hauptbuch auch mehr ein philosophischer Traktat als ein Tagebuch. Harold schreibt einen fließenden Text ohne Absätze oder Seitenumbrüche, der nur hin und wieder durch Parolen oder Harolds Weisheiten unterbrochen ist, welche besondern hervorgehoben werden.
- Inhalt: Die Ermordung Stu Redmans und dem Weg dahin, der Hass auf alle Menschen, die ihn nicht so akzeptieren wie er ist, ein neues Weltbild in dem alle glücklich sind, wenn sie nach seinen Richtlinien leben
- Erst stößt Larry Underwood auf sein Hauptbuch, dann stolpert Frannie darüber: keiner der beiden erkennt die Gefahr, die von diesem Buch ausgeht und machen sich schreckliche Vorwürfe, das Bombenattentat von Harold auf das Komitee von Boulder nicht verhindert zu haben.
- Hauptbuch
- Notizbücher
- Nick Andros führt ein Notizbuch, in das er ebenfalls das schreibt, was Ralph für den Taubstummen vorlesen soll.
- Lloyd Henreid notiert sich in seinem Merkbuch, was er nachforschen und was er Randall Flagg mitteilen muss.
- Notizbücher
- zweimal werden Tagebuchpassagen von Audrey Wyler eingestreut (siehe auch Regulator: Einschübe).
- Calvin McCann schreibt in sein Tagebuch. Diese Einträge werden gemeinsam mit den Briefen von Charles Boone gesammelt veröffentlicht. Unter diesen Briefen befinden sich auch Abschriften des Tagebuchs von Robert Boone.
- Hier versuchen sich gleich mehrere Charaktere, darunter etwa John Kenton, Riddley Walker oder Sandra Jackson, an Tagebüchern (siehe auch The Plant: Erzählstruktur).
- Johnny Bonsaints Aufzeichnungen geraten immer mehr zu einem Tagebuch seines Absturzes in den Wahnsinn.