Inhaltsangabe zu Die Meerenge
Stephen Kings Kurzgeschichte Die Meerenge ist nicht weiter unterteilt; die hier zu findenden Zwischenüberschriften dienen nur der Orientierung des Lesers und sind so nicht von King intendiert. Unter der ersten Zwischenüberschrift werden Aspekte subsumiert, die Stella im Laufe der gesamten Kurzgeschichte anführt.
Stellas Scheu vorm Festland
- Am 19. November (siehe auch hier) 1979 feiert die älteste Einwohnerin von Goat Island, Stella Flanders, ihren 95. Geburtstag, und natürlich kommen viele, um der etwas eigentümlichen Frau zu gratulieren. Was an ihr so eigentümlich ist? Sie hat in ihrem gesamten Leben die Insel noch nie verlassen, die lediglich durch eine Meerenge vom Festland getrennt ist. Sie meint, sie habe nie einen Grund gehabt, dies zu tun.
- Warum auch? Stella ist komplett zufrieden mit dem, was sie hat: Das Radio, später das Fernsehen, in dem sie die Welt sieht, ihren netten Garten – all das ist alles, was sie zu einem erfüllten Leben braucht. Sie sagt, sie hat die Insel im Blut. Nur ihre Armbanduhr war einmal zur Reparatur auf dem Festland...
- Die Geschichte beginnt mit dem Satz: "Die Meerenge war damals breiter." Dies meint Stella natürlich metaphorisch – früher schien das Festland viel weiter weg, da man auf der Insel viel stärker zusammenhielt. Es ist dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, das sie am meisten vermissen würde, wenn sie von hier weggehen würde.
- Sie gibt (in einem imaginären Gespräch mit ihren Urenkeln) auch einige Beispiele: Damals etwa, als Gerd Henreid auf dem Festland operiert werden musste, schnallten alle für einige Zeit den Gürtel enger, um gemeinsam für die Krankenhauskosten aufzukommen - und Gerd kam gesund wieder zurück. Als ein anderer Inselbewohner auf dem Festland mit einem Schneepflug betrunken mehrere Strommasten umfuhr, gaben ihm die Inselbewohner trotz seiner Alkoholprobleme genug Arbeitsaufträge, so dass er den Schaden ersetzen konnte. Dies alles war die Folge eines nicht gerade leichten Lebens, denn die Leute auf der Insel konnten mit der Fischerei keine Reichtümer verdienen - selbst Hummer, eigentlich eine gesuchte Delikatesse, brachten nicht viel ein: Stella erinnert sich, dass sie früher immer den Topf mit Hummereintopf wegräumten, wenn der Pfarrer zu Besuch kam, damit er nicht sah, dass sie "Arme-Leute-Suppe" essen mussten.
- Doch es blieb nicht bei solidarischen Nettigkeiten; die Insel hat auch ihre düsteren Geheimnisse. So starb damals jenes behinderte Kind kurz nach seiner Geburt, als es von seinen Eltern mit der Hebamme allein gelassen wurde, die wusste, was man von ihr erwartete ... Und wie war das mit jenem Kinderschänder, der drei Mädchen überfiel? Stella sah an jenem Tag elf Männer aufbrechen – und am Tag darauf fand man eine Leiche am Wasser; der ursprünglich aus New Hampshire stammende Mann musste wohl unglücklich vom Felsen abgestürzt sein. So etwas würde sie ihren Urenkelkindern natürlich in Wirklichkeit nie erzählen - aber die Inselbewohner wissen es, und auch, dass sie sich aufeinander verlassen können. Wer nicht auf der Insel geboren wurde versteht diese Dinge natürlich nicht...
Bills Rückkehr: Dezember bis März
- Wie bei älteren Menschen so üblich, verliert Stella sich des Öfteren in Erinnerungen an die Vergangenheit, an die Zeit, als es hier noch keine Postboote und noch nicht einmal eine Fähre gab, an die vielen Menschen, die sie im Laufe ihres langen Lebens sterben sehen musste. Doch was niemand weiß – und das ist auch besser so – ist, dass sie ab Dezember immer wieder auch ihren Mann Bill sieht. Das sollte sie auch für sich behalten, denn Bill ist seit neun Jahren tot.
- Erstmals spricht Bill zu ihr, kurz nachdem sie beim Holzholen einen erfrorenen Sperling findet. Dieser Sperling erinnert sie an den schlimmen Winter des Jahres 1938, als sie ebenfalls einen toten Sperling fand und kurz darauf die Meerenge zufror, und Stella fragt sich gerade, ob sie einen ähnlich kalten Winter erwarten müssen, als Bill sie ganz deutlich vernehmbar fragt, wann sie denn endlich einmal hinüber zum Festland komme. Als sie sich erschrocken umschaut, ist niemand da.
- Aber ihre Vorhersage trifft zu: Es wird im Januar so kalt, dass die Meerenge erstmals seit 41 Jahren wieder zufriert. Das verleitet einige zum Übermut, und der junge Russel Bowie bricht betrunken mit einem Schneemobil ein – er ertrinkt. Bei der Trauerfeier am 25. Januar sieht Stella dann erstmals ihren Bill wieder, einen Geister-Bill, der nicht älter als 40 Jahre aussieht und sie erneut bittet: "Wir warten auf dich Stella. Du musst rüberkommen und dir das Festland ansehen."
- Sie erinnert sich, wie Bill und sein Kumpel Bull Symes in jenem Jahr 1938 die Meerenge zu Fuß überquerten. Bereits damals bat er sie mitzukommen, doch sie lehnte ab, da es ihr Waschtag war – ihre Freundin Hattie Stoddard kann sie nach dieser Erklärung (sie sprechen während der Trauerfeier darüber) nur ungläubig anstarren.
- Der Februar wird der kälteste seit es hier Wetteraufzeichnungen gibt, und eine Grippewelle, die ein Todesopfer fordert und den Schulbetrieb für ganze zwei Wochen lahm legt, fegt über die Insel hinweg. Auch Stellas Sohn Alden ist betroffen, erholt sich aber recht schnell wieder. Stella plagt vielmehr ihre ständige Arthritis.
- Bill kommt sie noch immer regelmäßig besuchen, immer mit derselben Bitte, derselben Aufforderung, doch zum Festland hinüberzukommen. Im März dann kommt sie seinem Wunsch nach.
Nicht so schlimm
- Stella zieht sich in ihrer Küche warm an und versucht, ihre Magenschmerzen zu ignorieren. Sie blickt aus dem Fenster, und dort draußen, mitten auf der zugefrorenen Meerenge, steht ihr Bill und winkt ihr zu. In diesem Moment wird Stella klar, dass sie zu nichts gezwungen wird – sie will dieses Abenteuer wirklich erleben.
- Wären da nur ihre Magenschmerzen nicht. Sie weiß genau, was sie bedeuten. Es fing vor fünf Jahren an: Blut im Stuhl. Stella reagierte ungewöhnlich, indem sie mehr aß. Sie weiß natürlich, dass ihre Eltern beide an Krebs starben und glaubte, diesen in sich selbst bändigen zu können, indem sie ihn ausgiebig fütterte. Das ging eine Zeitlang tatsächlich gut; jetzt aber sind die Magenschmerzen zurück, und Stella fühlt, dass die Krankheit nun in ihr letztes Stadium eingetreten ist. Sie ist bei diesem Gedanken jedoch gelassen, denn schließlich ist sie 95 und muss daher damit rechnen, dass ihr Leben bald zu Ende geht - immerhin ist sie deutlich älter geworden als ihre Eltern und viele Menschen aus ihrem Umfeld. Bevor Stella das Haus – wie sie selbst weiß zum letzten Mal – verlässt, spuckt sie auf der Toilette Blut.
- Aber sie hat keine Angst, denn endlich hat sie begriffen, was Bill von ihr will. Er will ihr zeigen, dass das Sterben nicht so schlimm ist.
- Draußen ist es eiskalt, und der Wind stürzt sich sofort wie ein Tier auf sie. Stella geht schnurstracks auf ihren Bill zu und wirft keinen Blick zurück auf ihre Insel. Sie hustet weiterhin, spuckt noch mehr Blut, während der Wind und der Neuschnee sie einhüllen, bis Stella sämtliche Bezugspunkte verliert. Sie hat Angst, im Kreis zu laufen und zu erfrieren, denn Bill hat ihr einmal erzählt, dass bei Rechtshändern das rechte Bein ein wenig stärker ist als das linke und man daher unbewusst im Kreis läuft, wenn man eigentlich geradeaus laufen will. Deshalb beginnt Stella so zu tun, als sei ihr rechtes Bein etwas lahm, um die größere Stärke auszugleichen und hofft, so doch gerade auf das Festland zuzulaufen. Gegen die Kälte hilft dies alles natürlich nichts, doch sieht Stella auch das Positive: Ihre Hände sind von der Kälte so taub, dass sie ihre vermaledeite Arthritis nicht mehr spüren kann.
- Als das Tageslicht sichtbar abnimmt, stürzt sie zum ersten Mal. Sie rappelt sich auf und glaubt, dass sie das Festland deshalb noch nicht erreicht hat, weil sie das künstliche Hinken übertrieben hat und nun eine Diagonale geht. Bei ihrem zweiten Sturz reißt der Wind ihr endgültig die Mütze davon – aber ihr Kopf ist nicht lange ungeschützt: Bill tritt aus dem Schneegestöber und reicht ihr die seine.
- Ihr Mann zieht Stella auf die Beine und geleitet sie weiter. Und da sind noch mehr Schemen, die immer deutlicher werden. Carl Abersham, der vor Jahren mit einem Schiff unterging;, hier ist er, unversehrt, kein verrottendes Skelett. Stellas alte Freundin Annabelle Frane, lange verstorben, die ihr versichert, dass Stella fast am Ziel sei. Sie alle sind da, alle Verstorbenen der vielen Jahre in Stellas Leben.
- Doch Bill ist ihr Anker. Er meint, ihre Zeit sei gekommen und sie müsse keine Angst haben, denn es tue nicht weh. Gemeinsam mit den vielen Gestalten stellt sie sich in einen großen Kreis ... und gemeinsam beginnen sie zu singen.
Der Gesang der Toten
- Im Sommer nach Stellas Tod hat ihr Sohn Alden noch immer nicht verwunden, was damals geschah. Stella war schließlich erfroren gefunden worden – auf einem Felsen am Rande des Festlandes, eine alte Mütze auf dem Kopf, die Alden eindeutig als die seines verstorbenen Vaters identifizierte, was er jedoch bis heute tunlichst für sich behält, ebenso einige andere Leute von der Insel, die die Mütze ebenfalls erkannt haben - kein Zweifel, der Schirm ist an einer bestimmten Stelle eingerissen. Eine Autopsie ergab bei Stella Krebs im fortgeschrittenen Stadium und der Gerichtsmediziner wunderte sich sehr darüber, dass die alte Frau es trotzdem geschafft hat eine so weite Strecke zu laufen.
- Auch als die Temperaturen draußen steigen, erinnert Alden sich daran, wie der Winterwind immer wie ein Gesang klingt, wie der Gesang der Toten. Zwei unergründliche Fragen beschäftigen Alden seit dem Tod seiner Mutter: Singen die Toten? Und lieben sie die Lebenden? Um so mehr er darüber nachdenkt, um so sicherer ist er: Beides.
V E
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Inhaltsangaben zu Blut
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