Cujo: Rezension
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Croaton (4 / 5)
Stephen Kings Roman Cujo hat für mich eine persönliche Sonderstellung, da er das erste Buch war, das ich von dem Autor las. Mein Onkel schenkte mir die Bastei Lübbe-Taschenbuchausgabe, nachdem ihm selbst der Film dazu so gut gefiel. Im Nachhinein fällt es mir selbst schwer zu glauben, dass ich den Roman auf Anhieb mochte, war ich doch damals noch viel ungeduldiger als heute ...
Denn Geduld braucht man. Wie in keinem anderen Buch bremst sich King in Cujo immer wieder selbst aus. Da treibt er die Spannung rund um Donna Trentons Gefecht gegen Cujo immer wieder auf einen neuen Höhepunkt – und verliert sich dann in endlos scheinenden Passagen rund um Victor Trentons (im Endeffekt für das Buch völlig unerheblichen) Kampf um seine Firma Ad Worx oder um Charity Cambers ebenso nebensächlichen Besuch bei ihrer Schwester. Wer all jene Passagen einfach auslässt, wird den Zusammenhang dennoch begreifen, und das schmeichelt King nicht.
Auch muss man Geduld haben, was den teils haarsträubenden Wust an Zufällen betrifft. Kann man es King abnehmen, dass a) Charity im Lotto gewinnt, b) Victor gerade jetzt auf Geschäftsreise muss, c) ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt Donnas Wagen kaputt geht, d) Cujo Joe Camber und Gary Pervier erledigt, kurz bevor Donna kommt und e) Donnas Wagen präzise auf dem Camber-Anwesen zum Stillstand kommt? Antwort: Niemals. Zur Ehrenrettung des Autors sei gesagt, dass er genau diese Zufälle auch immer wieder offen anspricht, und seine Charaktere es selbst nicht fassen können. Trotzdem SEEEHR weit hergeholt.
Störend empfinde ich auch die Tatsache, dass King es für nötig befand, übersinnliche Aspekte in diesen Thriller mit einzubauen. Warum spukt es in der Tat in Tads Schrank? Weshalb will King, dass Cujo wie eine verrückte Reinkarnation von Frank Dodd rüberkommt?
Freilich aber (4 Punkte!) hat der Roman auch seine guten Seiten. Hat King schon einmal ein dramatischeres Duell verfasst als das zwischen Donna und Cujo? Die Szenen an der Town Road Nummer 3 sind echt problematisch für notorische Nägelkauer; die Angriffe des Hundes wirken fast choreographiert – und dass einige Abschnitte aus Cujos Sicht geschrieben sind (siehe auch Besondere Erzählstrukturen), verleihen dem Ganzen zusätzlich Pepp. Und daran wird man sich erinnern. An Donnas Machtlosigkeit, während neben ihr ihr Sohn Tad langsam verdurstet. An Cujos Tobsuchtsanfälle, wenn drinnen das Telefon anschlägt. An den Baseballschläger, der Donnas letzte Hoffung ist.
Zudem ist Donna eine der glaubwürdigsten Charaktere Kings. Sie hat viele Schwächen (ihr Seitensprung mit Steve Kemp etwa), aber gerade das macht sie greifbar, denn wir können mit ihr fühlen, wenn sie es einfach nicht wagt, den kurzen Sprint zur vielleicht verschlossenen Eingangstür der Cambers anzutreten. Die typische Romanheldin hätte die Autotür aufgerissen und dem Tod ins Auge gesehen, doch Donna zögert und zaudert und hat panische Angst - bis ihr Sohn ihr unter den Händen wegstirbt. Was für ein Hammerschluss, der King für immer unberechenbar machte.
Fazit: Ein Roman mit erstaunlich vielen Schwächen – von dem aber am Ende nur das Gute in Erinnerung bleibt ... und das hat's in sich!
Mr. Dodd (4 / 5)
Cujo ist einer der Romane, bei derem Lesen ich wieder überrascht wurde, weil er doch als deutlich schlecht bewertet wurde von vielen Fans. Mir aber hat er ganz gut gefallen.
Stephen King verzichtet hier fast komplett auf übernatürliche Ereignisse und schafft stattdessen eine Situation die grotesker nicht hätte sein können. Der gutmütige Hund Cujo bekommt die Tollwut, gleichzeitig gewinnt die Mutter seines Besitzers im Lotto und entscheidet mit ihrem Sohn für ein paar Tage von ihrem Ehemann Joe loszukommen. Die Familie Trenton hat dagegen mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Vater Vic muss seine Firma retten, hat Streit mit seiner Frau Donna, wegen eines Seitensprungs. Diese muss dagegen ihr Auto reparieren lassen, was bloß bei den Cambers geht. Dazu nimmt sie ihren Sohn Tad mit. Dumm nur für die beiden, dass Joe Camber bereits von Cujo getötet wurde und das Auto genau auf dem Hof des Anwesens versagt.
Schon diese Situation zu schildern ist unglaublich kompliziert, aber King gelingt es das super zu beschreiben. Für Donna und Tad beginnt ein Kampf ums Überleben. Entweder der Tod im heißen Auto ohne Essen und Getränke oder Cujo. Gerade die Verzweiflung und Angst Donnas, ob sie nun handelt oder nicht ist das zentrale Thema des Romans. Sie handelt dabei realistischer als manche Superfrauen in Filmen, denn sie zögert lange, ehe sie handelt. Unterstrichen wird diese groteske Situation dadurch, dass niemand weiß, dass Donna und Tad dort sind. Ihr Seitensprung Steve Kemp zerstört sogar ihre Wohnung. Die Polizisten von Castle Rock werden so komplett auf die falsche Fährte geführt.
Als dann endlich einer die richtigen Schlüsse zieht, ist es fast zu spät. Donna dem Wahnsinn nahe stellt sich endlich Cujo und tötet ihn, doch es ist vergebens. Ihr Mut dauert zu lange und Tad stirbt an Wassermangel und Überhitzung im Auto. Ich bewundere King für diesen unglaublichen Mut, denn ich wette in 99/100 Geschichten wäre Tad noch gerettet worden. So ist dies ein unglaublicher Schock am Ende, der aber vollkommen realistisch und konsequent ist.
Trotzdem gibt es nur 4 Sterne, denn der Roman hat leider unglaublich unnütze Längen. Seitenweise wird man mit Schilderungen über einen Cornflake-Professor genervt, ein Bestandteil von Vics Firma. Zum Verständnis dieser Situation ist die ausführliche Schilderung dieser Figur absolut überflüssig. Auch der Anfang zieht sich brutal hin.
Wörterschmied (5 / 5)
Cujo ist ein Roman, der von tollwütigen Hunden und gescheiterten Ehen handelt, im Prinzip jedoch die ungünstige Verkettung von Zufällen thematisiert, die in ihrer Gesamtheit "Leben" genannt werden. Der Grundkonflikt, in dem sich die Protagonistin und ihr Sohn befinden, entsteht durch eine Vielzahl ungünstiger Ereignisse, wirkt aber dennoch nicht künstlich. Denn oft sind es gerade diese Zufälle, die das Leben bestimmen und denen wir das Telefon oder die Entdeckung der Gravitation verdanken. Wie lassen sich Ereignisse in unserem Leben aus fremder oder selbst-distanzierter Sicht rekonstruieren? Schwerlich. Und so ist es eine richtige Entscheidung Kings die Charaktere die falschen Entscheidungen treffen zu lassen, da auch sie nicht allwissend sind und aufgrund ihrer eingeschränkten Wahrnehmung nur folgerichtig falsch reagieren können.
So zeichnet sich in Cujo ein einzigartiger Konflikt heraus: Während Donna und Tad vom tollwütigen Hund Cujo belagert werden, denkt die Polizei, sie wären entführt worden. Alle Rettungsversuche gehen daher in eine komplett falsche Richtung, wodurch es hier zu einem Konflikt im Konflikt kommt. Nur der Leser sieht die offensichtliche Lösung, die allen Charakteren verborgen bleibt und verborgen bleiben muss. Wo ist Lassie, wenn man sie braucht?
Insgesamt gehört der Roman aufgrund seiner simplen Komplexität zu den realistischen Geschichten Kings. Der Autor verzichtet hier auf Deus ex machinae: Donna wird erst gerettet, als sie das Problem selbst bereits gelöst hat. Und selbst dann fallen wir nicht ins klassiche Schema zurück - trotz aller Bemühungen überlebt der Junge nicht. Einer der schockierendsten Momente in Kings Werken! Nicht weil er uns eine Horrorgeschichte erzählt, sondern uns vom Leben erzählt wie es ist: Eine Verkettung von Ereignisse an deren Ende der Tod wartet.
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