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==Ein dreckiger Mord== | ==Ein dreckiger Mord== |
Version vom 30. Oktober 2010, 17:38 Uhr
Inhaltsangabe zu 1922
Stephen Kings in der Sammlung Zwischen Nacht und Dunkel erschienene Novelle 1922 ist nicht weiter unterteilt; die hier zu findenden Zwischenüberschriften dienen der Orientierung des Lesers und sind so nicht von King intendiert. Die vorliegende Inhaltsangabe bezieht sich auf die englische Originalausgabe; etwaige Abweichungen werden nachträglich vorgenommen.
Ein dreckiger Mord
- 1930 in einem Hotelzimmer in Oklahoma: Ich-Erzähler Wilfred "Wilf" James beginnt seine Aufzeichnungen mit den Worten: "Mein Name ist Wilfred Leland James, und dies ist mein Geständnis. Im Juni des Jahres 1922 habe ich meine Frau Arlette Christina Winters James ermordet und ihre Leiche, um sie zu verstecken, in einen alten Brunnen geworfen. Mein Sohn, Henry "Hank" Freeman James, hat mir bei diesem Verbrechen geholfen."
- 1922 leben die James' in Hemingford Home und bewirtschaften das Land, das Arlette einst geerbt hat - etwa 4.000 Quadratmeter landwirtschaftlich nutzbares Gebiet. Doch Wilfs zufriedenes Leben gerät aus den Fugen, als Arlette ihm eines Tages in jenem Jahr unterbreitet, dass sie das Land verkaufen will - mehr noch, sie will sich mit dem Geld ein neues Leben in der Stadt aufbauen und ihren 14-jährigen Sohn mitnehmen. Wilf, der das Stadtleben verabscheut und seinen Sohn vergöttert, kann nicht fassen, was da passiert ... und augenblicklich beginnt er, Henry zu bearbeiten und ihn auf seine Seite zu ziehen. Der sensible, zutiefst religiöse und recht naive Henry ist entsetzt über die Pläne seiner Mutter und stimmt seinem Vater voll und ganz zu, dass die Farm das Beste ist, was den James' je passiert ist; sie können hier nicht einfach weg. Als er seine Meinung Arlette gegenüber kundtut, schlägt sie ihm ins Gesicht; im Nachhinein erkennt Wilf, dass diese ausgerutschte Hand ihr Todesurteil war.
- Recht bald nämlich macht Wilf Henry gegenüber klar, dass es nur noch eine Möglichkeit gibt: Sie müssen die Mutter beseitigen. Henry ist völlig schockiert, doch Wilf gibt nicht nach, feilt Henrys Widerstand über zwei Monate hinweg immer weiter ab, stößt immer tiefer zu Henrys Urängsten vor und gewinnt ihn schließlich für sich. Bis zum Ende aber bleibt Henry ein Unsicherheitsfaktor, und es ist Arlette selbst, die dafür sorgt, dass Henry letztlich doch die ihm zukommende Rolle ausführt.
- Am Tag des Mordes macht Wilf seine Frau glauben, er hätte ein Einsehen und wolle die Farm in der Tat verkaufen. Er will ihre Versöhnung mit einer Flasche Wein feiern, weiß er doch, dass es ein Leichtes ist, Arlette im Handumdrehen betrunken zu machen. Und so kommt es auch - sie trinkt allein beinahe zweieinhalb Flaschen Wein und wird, wie stets in solchen Situationen, immer obszöner. Anfangs beschränkt sie sich darauf, Wilf vulgäre Sexversprechungen zu machen, doch als ein schüchterner Henry dazukommt, übertreibt sie es: Sie weiß von seiner jugendlichen Liebe zum Nachbarsmädchen Shannon und fragt ihn, wie weit die beiden schon gegangen sind, gibt ihm derbe Tipps für die erste Liebesnacht. Henry wendet sich brüskiert ab, und Wilf frohlockt, denn das dürfte der letzte Tropfen gewesen sein. Und in der Tat: Als Wilf seine stockbesoffene Frau in ihr Zimmer führt, öffnet sich Henrys Tür - und er nickt seinem Vater einfach nur zu.
- Sieben Jahre später will Wilf den Mord schnell niederschreiben, denn sein Plan, ihn schnell und schmerzlos durchzuführen, ging gründlich daneben. Es schien so einfach: ihr im Schlaf einen Sack überstülpen und ihr die Kehle aufschneiden; schließlich hat Wilf das schon mit vielen Schweinen erfolgreich exerziert. Doch die Realität ist ganz anders: Arlette kommt nach dem ersten Schnitt zu sich, und Wilf schlägt in Panik mehrfach auf sie ein, zerschlitzt ihr Gesicht und ihre Wangen, sodass sie ein Grinsen bis zu den Ohren zur Schau trägt. Henry wird ohnmächtig, während Arlette einfach nicht sterben will: Wilf setzt sich im Bett auf sie und schlitzt ihre bereits geöffnete Kehle noch tiefer ein, sodass ihm ihr Blut ins Gesicht spritzt. Als es endlich vorbei ist, sieht das Schlafzimmer wie ein Schlachtfeld aus.
- Wilf macht bereits Andeutungen, dass er hier eine Geistergeschichte niederschreibt und dass das Schicksal Schlimmes mit Henry vorhat.
In den Brunnen
- Die schier unglaubliche Masse Blut stellt Wilf und den wieder zu sich gekommenen Henry vor ein Problem. Sie wollten die Leiche einfach so nach draußen tragen, dachten, der Sack sei genug, um das Blut aufzufangen. Nun aber müssen sie die Leiche in das Betttuch und eine dicke Decke einrollen und dennoch tropft das Blut heraus, als sie - Henry mit abgewandtem Gesicht - das Bündel hinausschaffen. Henrys letzte Reserven sind aufgebraucht, als sie an dem tristen Brunnen angekommen sind und er aufschreit: "Das ist kein Grab für eine Mama!" Erneut bricht er zusammen, und auch Wilf wird von den Geschehnissen übermannt und übergibt sich in den Brunnen. Doch es gibt kein Zurück: Es ist an ihm, seine tote Frau allein in den nur etwa sechs Meter tiefen Brunnen zu werfen. Als er das Bündel anhebt, zuckt die Leiche. Wilf redet sich augenblicklich ein, dass das nur Einbildung war und kippt Arlette in den Schacht.
- Henry erwacht und bekommt einen hysterischen Lachanfall, den Wilf nur mit einer Ohrfeige beenden kann. Dies ernüchtert Henry, der ängstlich fragt: "Sie wird doch nicht zurückkommen, oder?" Wilfs schockiertes "Nein!" erweist sich später als Lüge.
- Die ganze Nacht hindurch schuften die beiden, um das Blut im Haus zu beseitigen. Natürlich ist die Matratze nicht zu retten, und Wilf beschließt, sie zusammen mit den dreckigen Putzlumpen ebenfalls in den Brunnen zu schmeißen. Er ist froh, dass Henry nicht dabei ist, als er in den Brunnen blickt, denn der Anblick ist grauslich: Arlettes Leiche ist sitzend gelandet und starrt blind nach oben. Schnell wirft Wilf die Matratze hinunter, die sie zum Glück verdeckt. Doch erst wenn der - ohnehin baufällige - Brunnen komplett zugeschüttet ist, wird dieser Alptraum vorbei sein.
- Nach einem herzhaften Frühstück - harte Arbeit macht hungrig - führt Wilf seinen Plan weiter aus. Er packt einen Koffer, um es so aussehen zu lassen, als sei Arlette über Nacht ausgebüchst und will auch diesen in den Brunnen fallen lassen. Zum dritten Mal dort angekommen packt ihn das nackte Entsetzen: Die Matratze bedeckt Arlette nicht mehr - und seine Frau atmet sichtbar. Wilf erstarrt, bis er begreift, was da unten geschieht: ein Rattenschwarm macht sich über die Leiche her, eine bricht aus ihrem weit geöffneten Mund, die Tiere unter Arlettes Kleid bewegen es, als würde sie atmen. Wilf wirft den Koffer hinunter und flieht genauso wie die verschreckten Ratten.
- In seiner Panik bekommt er einen Gedanken nicht aus dem Kopf, einen Gedanken, der genährt wird von dem Zucken, das er zu spüren glaubte, kurz bevor er Arlette in ihr nasses Grab fallen ließ: Lebte seine Frau noch, als die Ratten sie aufzufressen begannen?
Zwei hohe Besuche
- Zwei Tage später kommt der Anwalt Andrew Lester aus Omaha zu Besuch; mit ihm hatte Arlette den Verkauf der Farm verhandelt, jetzt wird es allmählich Zeit, die Verträge auch tatsächlich zu unterzeichnen. Wilf, der mit Anwälten im Allgemeinen auf Kriegsfuß steht, begegnet Lester augenblicklich feindlich, schüttelt seine Hand nicht und bittet ihn auch nicht ins Haus. Stattdessen kanzelt er ihn im Hof stehend ab und schickt ihn unverrichteter Dinge zurück. Wilf ist sich sicher, dass es damit nicht getan ist und erwartet bald den Besuch der Polizei - aber all das ist Teil seines Plans.
- Indes besteht Henry seine Feuertaufe, denn sein erstes Rendezvous mit Shannon nach dem Tod seiner Mutter verläuft gut und er hält dicht; danach aber trinkt er zusammen mit seinem Vater zur Beruhigung sein erstes Bier.
- Noch hat Wilf den Brunnen nicht zugeschüttet; ein frisch zugeschütteter Brunnen könnte verdächtig wirken ... ein Brunnen, der aber gerade eben aufgefüllt wird, wird sehr glaubwürdig erscheinen. Um diesen Plan umzusetzen, opfert er Elpis, eine seiner Kühe. Zusammen mit Henry führt er sie zum Brunnen und auf die Abdeckung, sodass Elpis einbricht. Das schwerverletzte Tier brüllt herzzerreißend, was Henry nicht aushält, der sich hastig zurückzieht. Wilf holt seine Schrotflinte, um dem Leiden des Tiers ein Ende zu setzen, doch als er zurückkommt, ist er momentan zu fassungslos, um irgendetwas zu tun, außer in den Brunnen zu starren: Die Ratten sind über die noch lebende Kuh hergefallen, Elpis tritt wild um sich, bricht Arlettes Kiefer, sodass sich ihr ganzes Gesicht zu verschieben scheint: "Sie hatte fortan zwei Gesichter, mit denen sie mich heimsuchen konnte." Wilf kommt zu sich und setzt den Gnadenschuss.
- Er schaufelt den Brunnen zu, als Henry einen Wagen kommen sieht; hastig schaufeln sie zu zweit weiter, weil die Matratze noch sichtbar ist. Doch sie kommen weit genug - nur die Beine der Kuh sind noch sichtbar, so, wie Wilf das will, da er will, dass man versteht, warum der Brunnen zugeschüttet wurde -, als Sheriff Jones ankommt. Wie erwartet, hat Anwalt Lester ihn geschickt. Der 55-Jährige ist ein scharfer Beobachter, doch Wilf und Henry spielen ihre Rollen perfekt; zuvor aber hat Henry einem überraschten Wilf das Versprechen abgenommen, dass sie Jones im Notfall nicht auch noch ermorden würden.
- Sie führen Jones ins Haus und lassen ihn sich umschauen, und zwar ist Wilf innerlich aufgewühlt (er erwartet, dass das Blut ins Schlafzimmer zurückgekehrt ist oder dass Jones sofort auffällt, dass eine Decke fehlt), zieht den Rundgang aber souverän durch. Am Ende ist die Mühe mit Elpis umsonst gewesen: Jones will den Brunnen nie sehen, hat es eilig, zu einem Gerichtstermin zu kommen. Er macht Wilf noch ein Angebot: Er kann veranlassen, dass nach Arlette gesucht und sie nach Hause gebracht wird; danach ein paar tüchtige Prügel vom Ehemann und die Sache sei geritzt. Wilf lehnt dankend ab.
- Es erweist sich als Glück, dass Jones den Brunnen nicht sehen wollte. Als Henry und Wilf wieder dorthin zurückkehren, bebt die frisch hineingeschaufelte Erde. Henry ist überzeugt, dass Arlette noch atmet, doch es ist "nur" eine Ratte, die sich den Weg nach oben durchbricht. Henry erschlägt sie mit einer Schaufel, doch sein Entsetzen ist nicht gelindert - er ist überzeugt, dass Arlette ihnen die Ratte geschickt hat. Wilf kann ihn beruhigen, und an jenem Abend essen sie für vier.
- Ein Lebensabschnitt scheint für Henry - der von seinem Vater nur noch Hank genannt werden will (das war schon immer Wilfs Spitzname für ihn) - vorbei zu sein: Er kann nach dem Mord an seiner Mutter nicht mehr beten und hofft nun, dass es keinen Gott gibt. Und als die Cotterys am nächsten Tag Essen vorbeischicken, weiß auch Wilf, dass eine Phase beendet ist: Ihrer beider Leben nach Arlette hatte begonnen.