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→Horaz Klotz (3 / 5)
==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (3 / 5)==
King stürzt sich kopfüber in die bunte Jahrmarktswelt und klappert genüsslich alle Klischees ab: Die Schausteller sind bauernschlaue Schlitzohren, die Besucher spießige Tölpel und natürlich spukt es in der Geisterbahn. Teilweise ist das ganze so überzeichnet, dass es mehr wie eine Parodie wirkt - dazu würde dann auch das Cover der Originalausgabe passen. Besonders wenn unser junger Helden plötzlich von einer bestimmt zehn Jahre älteren Frau verführt wird, die er ein paar Wochen vorher zufällig am Strand getroffen hat, muss man nochmal überprüfen, ob man wirklich nach dem neuen King gegriffen hat und nicht nach einer Sammlung Penthouse-Briefe. Immerhin - bei allen Klischees - die Schausteller bekommen diesmal ein kleines bisschen mehr charakterliche Tiefe als ihre gemeingefährlichen durchs Land ziehenden Kollegen in ''Doctor Sleep'' oder ''Der Fluch''. Das ist ja auch schon mal etwas.
Unser Autor schreibt immer wieder Geschichten bei denen die Handlung nach und nach in den Hintergrund tritt und es eigentlich nur darum geht eine ganz bestimmte Stimmung einzufangen. Für mich fällt ''Joyland'' eindeutig in diese Kategorie. Während der Plot zwischen der täglichen Arbeit im Park und neuen Begegnungen dahinplätschert wird immer klarer worum es eigentlich geht - einen langer langen Sommer, jugendlichen Liebeskummer, die Suche nach einem neuen Platz im Leben. Das funktioniert tatsächlich ziemlich gut - jedenfalls solange bis Devis plötzlich in einen Mörderplot rutscht. Dass eine Story die so verträumt-realistisch beginnt plötzlich in einem Schusswechsel im Mondschein enden muss fand ich an sich schon überzogen. Dazu kommt, dass das Spiel mit Klischees und Überzeichnungen gegen Ende leider auch nicht mehr richtig funktioniert. Zumal die typische Schurkenkrankheit an der unser sonst so gewiefter Jahrmarktmörder gegen Ende zu leiden scheint ("Ich könnte dich jetzt erschießen und das werde ich auch tun, aber vorher erzähle ich dir noch ein bisschen über mein Leben und wir fahren Riesenrad") zu den Klischees gehört, die ich mich auch aus einem so augenzwinkernden Setting reißen.
Dazu kommen noch ein paar King-typische Eigenheiten, die für mich nicht wirklich zur Geschichte passen. Das alles aus Sicht des gealterten Devis erzählt wird, ist ein Kniff den King für mich langsam ausgereizt hat, zumal diese zweite Erzählebene hier - im Gegensatz zum Beispiel zu ''Green Mile'' - nicht wirklich zur Stimmung beiträgt. So musste ich immer wieder mit mir kämpfen, die Einwürfe aus der Gegenwart unseres Erzählers nicht einfach zu überspringen. Auch Mikes übersinnliche Gabe wirkt ein bisschen stiefmütterlich in die Story gepflanzt. Sie wird genau einmal wichtig und verliert sich sonst in kryptischen Andeutungen und Hinweisen, die von überall hätten kommen können. Außerdem fand ich es ein bisschen schade, dass die an sich ziemlich spannende Beziehung Wunderheiler-Großvater und totkranker übersinnlich-begabter Enkel nicht noch ein Stück weiter verfolgt wurde.