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→Horaz Klotz (2 / 5)
Jeder King-Fan weiß, dass der Meister gern den Story-Frankenstein spielt, alte Elemente und Genres seiner Geschichten ausgräbt, neu zusammensetzt und auf das beste hofft. ''Der Outsider'' ist so ein Wagnis - eine Mischung aus klassischen Krimi und King-typischem Monster-Horror. Diese Mischung funktioniert für mich leider überhaupt nicht. Der Witz bei einem guten Krimi ist ja, dass der Leser mitraten kann und im besten Fall schon vorm Kommissar auf des Rätsels Lösung kommt. Die unausgesprochene Vereinbarung zwischen Schreiber und Leser ist dabei: "Ich biete dir einen ganzen Haufen an widersprüchlichen Informationen, falschen Fährten und komplizierten Motiven, du versuchst dich mit Logik und gesundem Menschenverstand durch diesen Dschungel zu arbeiten und den Täter herauszufinden." Und genau das geht eben nicht, wenn der Autor auf halber Strecke plötzlich ein übernatürliches Monster mit einer ganzen Reihe magischen Fähigkeiten aus dem Hut zieht und schadenfroh verkündet: "Haha, die ganzen scheinbar unlogischen Hinweise und Zeugenaussagen können gar nicht logisch erklärt werden. Es war alles Magie. Reingefallen!" Als erfahrener King-Leser ahnt man natürlich ziemlich schnell, dass es darauf hinausläuft, wird aber trotzdem durch seitenlange Verhöre, DNA- und Indizienanalysen geschleift, die im Nachhinein alle mit Monster-Magie wegerklärt werden. Fantastische Krimis können natürlich funktionieren - die meisten Harry Potter-Bücher sind nichts anderes - aber nur wenn Leser und Ermittler die Regeln der Welt kennen und die Hinweise entsprechend deuten können.
Mit Regeln für sein neuestes Monster tut sich King aber sichtlich schwer. Das als volkstümlicher Gestaltwandler vorgestellte WestenWesen, hat plötzlich auch die Fähigkeit zur Astralprojektion und bekommt auf den letzten Metern noch einige Sonderkräfte spendiert, die ganz zufällig genau in die Situation passen. Auch sonst konnte mich der Außenseiter als düsterer Antagonist nicht wirklich überzeugen. Der Kniff mit Angst, Schmerz und Tod als Nahrung ist ein ziemlich billiger Kunstgriff, der bei ''ES'' noch halbwegs thematisch funktioniert hat, bei ''Dr. Sleep'' schon ziemlich bemüht wirkte und hier nicht mehr wirklich reinpasst. Interessanterweise habe ich erst vor Kurzem ein Interview mit Mr. King und George R. R. Martin gesehen, in dem beide sich einig waren, dass mehrdimensionale und - zumindest im Ansatz - menschliche Bösewichte, mit eigener Geschichte und halbwegs nachvollziehbaren Motiven fast immer besser funktionieren als Killer-Maschinen und Slasher-Monster. Der Außenseiter ist eindeutig Letzteres: Er taucht plötzlich in der Geschichte auf, ist von Natur aus böse und muss möglichst grausame Morde begehen um am Leben zu bleiben, mehr brauchen wir nicht zu wissen. Das ist schon fast unverschämt simple Schurken-Schreibe.
Was mir dagegen gefallen hat und dem Roman zumindest seine zwei Punkte einbringt waren die menschlichen Elemente. Die Geschichte um den Musterbürger Terry Maitland ist konsequent und nett gnadenlos runtererzählt. Von der spektakulären Verhaftung, bis zu seinem tatsächlich überraschenden Ende. Auch wie der Außenseiter Jack Hoskins erpresst ist halbwegs nachvollziehbar dargestellt und trifft genau die richtige King-typische Mischung aus alberner Überzeichnung und purem Horror. Leider verpasst es King die erzählerischen Daumenschrauben am Schluss nochmal anzuziehen und lässt diese Geschichte um ermordete Kinder und ausgelöschte Familien mit einem vergleichsweise harmlosen Happy End schließen. Ein paar Nebencharaktere werden geopfert, dann ist der mächtige Außenseiter schon besiegt und unsere Helden verabschieden sich mit ein paar Albträumen in den verdienten Feierabend.