Qual: Rezension
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Inhaltsverzeichnis
Realbaby (5 / 5)
Von der Gegenwart in die Vergangenheit – dieser Wechsel bestimmt die Erzählstruktur von Qual. Und es ist nicht leicht zu sagen, welche Geschichte einem nun besser gefällt. Die Vergangenheit, in der Blaze versucht, im Hetton House klarzukommen, oder die Gegenwart, die ihn Liebe zu einem fremden Kind erfahren lässt. Mitleid wird hier groß geschrieben; denn Stephen King bzw. Richard Bachman schafft es spielend, dem Leser Blaze ans Herz wachsen zu lassen.
Seine King-Premiere konnte der Übersetzer Jürgen Bürger mit diesem Roman feiern. Schon zu Beginn merkt der deutsche Leser, dass hier nicht die Altbekannten am Werk sind. Die Sätze sind viel zu kurz; mittlerweile eng vertraute Satzzeichen wie das Semikolon und der Gedankenstrich sind Mangelware. Leider kann ich an dieser Stelle keinen genauen Vergleich mit der englischen Ausgabe anstelle, doch ich bin mir sicher, dass Joachim Körber die Übersetzung besser gemeistert hätte.
Erst in seinem Nachwort lässt King uns wissen, dass er hofft, dem Leser würden bei diesem Roman Tränen kommen ... doch da waren meine bereits wieder getrocknet.
Fazit: 5 von 5 Punkten und ganz oben auf meiner Vergöttert-Liste!
Croaton (5 / 5)
Was für ein Jammer, dass es diesen Bachman nicht mehr gibt - konnte der schreiben! Dass Qual ein Frühwerk ist, merkt man ihm überhaupt nicht an; die Geschichte beginnt spannend und lässt einen bis zum Ende nicht mehr los.
Der ständige Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist ein hier sehr gelungener Kunstgriff, denn so wird Blaze menschlicher und greifbarer gemacht. Bachman schafft, was auch sein treuer Fan King bravourös meistert: Behinderte (ist das jetzt politisch korrekt? okay, körperlich oder geistig Benachteiligte) so darzustellen, dass man sich als Leser einfach in sie verlieben muss. Ob Douglas Cavell, John Coffey oder Blaze, man fiebert mit ihnen ... doch alle drei müssen sterben (warum können die zwei Autoren das nicht mal lassen?!).
Wenn Blaze bei seiner Entführung von einem Fettnäpfchen ins andere tappt (siehe auch hier), möchte man ihn aus dem Buch ziehen und mal kräftig schütteln, denn er ist trotz allem ein Freund geworden, für den man - auch wenn er einen locker mit einem Schlag ausschalten könnte - Beschützergefühle entwickelt.
Leider kommt Blazes Gegenspieler Albert Sterling viel zu schwarz-weiß daher (vielleicht das einzige Merkmal eines Frühwerks) - sein religiöser Wahn ist zu aufgesetzt und undurchdacht; wenn Blaze schon sterben muss, hätte ich das Warum gerne etwas besser verstanden.
Trotzdem: Ein geniales Buch, besonders wenn man bedenkt, dass es zu großen Teilen aus Dialogen mit einem Toten besteht!
Tower (5 / 5)
Dieses Buch ist schon etwas ganz Besonderes. Der Hauptcharakter, Blaze, ist ein geistig zurückgebliebener Mann, der durch eine Entführung alle Sorgen vergessen will. Und da ist noch die Stimme eines toten Freundes... Wie konnte es so weit kommen? Diese Frage wird durch einige Rückblenden erklärt, die sich durch das gesamte Buch ziehen. Sie waren immer angebracht und haben einen nie aus der Spannung herausgebracht. Langsam fiebert man immer mehr mit, man versetzt sich in Blaze hinein und hofft, dass das Ganze ein gutes Ende haben wird. Und... das hat es nicht.
Die Gedankenwelt von Blaze wird ebenfalls sehr gut umgesetzt. Wie geht er damit um, dass George anscheinend wieder da ist, um mit ihm zu besprechen? Was empfindet er für das Baby?
All diese Komponente erzeugen eine fast schon unerhörte Spannung, die den ganzen Roman über erhalten bleibt. Und, ja, mir standen oft die Tränen in den Augen, obwohl sie am Ende wirklich kein Halten mehr hatten. Man fragt sich, warum Sterling (ein Charakter, der zwar ein Gegenspieler ist, mir aber nicht im Gedächtnis bleiben wird) so weit geht. Jemanden tötet. Mit einer Menge Gedanken, die einem im Kopf herumschwirren, wird man dann ins Nachwort weitergeleitet. Von dort aus vielleicht in eine andere Geschichte. Aber zumindest ich werde den liebenswerten Entführer und sein Schicksal vermutlich für lange Zeit nicht mehr aus dem Kopf kriegen.
Mr. Dodd (5 / 5)
Der Grund warum ich schon Das Mädchen mochte, trifft auch hier zu, es geht nicht um irgendwas Übernatürliches, sondern um den Menschen an sich. Blaze ist ein ganz besonderer Roman, denn er versucht nicht einen Verbrecher und Kriminellen zu verdammen, sondern zeigt und auf, wie ein solcher Mensch, der eigentlich nicht böse ist, abstürzen kann.
Was mich nun wirklich mehr beeindruckt hat, kann ich nicht sagen, die Vergangenheit oder die Gegenwart. Blazes Leben ist es eine einzige Tortur aus Schmerzen und Enttäuschungen und nur wenigen Höhepunkten, aber er versucht dennoch damit zu leben. Dies schafft er aber ab einem gewissen Punkt nur, indem er sich kriminellen Handlungen zuwendet. Und es verwundert einen nicht bei der Art wie er behandelt wurde. Höhepunkt ist dann sicher seine Zweiteilung nachdem sein zweiter echter Freund George stirbt und er diesem immer noch Anweisungen gibt und ihm hilft. Diese Dialoge sind auch manchmal zum Lachen, besonders wenn Blaze beim zweiten Einbruch in einen Laden dann George darauf hinweist, diesmal an eine Strumpfmaske gedacht zu haben.
Der wahre, gute Mensch Blaze kommt durchgehend zum Durchschein, am besten, aber nachdem er den kleinen Joe Gerard entführt hat und für ihn väterliche Gefühle entwickelt. Doch jeder sieht in Blaze nur das Monster und so ist es dann leider nicht verwunderlich, dass er ein so unwürdiges Ende bekommt und von einem rachsüchtigen FBI-Agenten kaltblütig in den Rücken geschossen wird. Gerade diese letzte Szene zeigte mir wie grausam und vorschnell wir über manche Menschen urteilen.
Ein unglaublich starker Roman über eine gepeinigte Seele, die das Beste aus seinem Leben zu machen versucht. Und eine Botschaft trifft aber sowas von zu im Leben: "Und er vermutete, dass es wohl immer jemanden Größeren, jemanden mit einem größeren Paddel gab."
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