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1408: Rezension

Ein Byte entfernt, 15:49, 18. Nov. 2018
Horaz Klotz (5 / 5)
Mit ''1408'' wagt sich King wieder mal auf den schmalen Grad zwischen schaurig und albern. Geisterjagd im Spukhotel - das könnte auch ganz gewaltig nach hinten losgehen. Der Horror-Leser wartet geradezu auf Monster unterm Bett und Vampire im Kleiderschrank, aber der Meister schafft es auf vergleichsweise wenigen Seiten alle Erwartungen zu untergraben und eine kleine, stimmige Horror-Perle abzuliefern.
Enslin funktioniert für mich perfekt als skeptischer Hoax-Jäger - auch ohne die dramatische Herzschmerz-Hintergrundgeschichte, die ihm der Film andichtet. Dieser Enslin braucht keine tote Tochter, um Geistern und Spuckgeschichten Spukgeschichten auf den Grund zu gehen. Er ist ein eiskalter Rationalist. Und er hat einfach nur das Pech, in Kings Universum zu leben, in dem man sich besser nicht mit Dämonen und Spukzimmern anlegt. Auch unser zweiter Charakter Olin bekommt keine große Backstory und braucht sie auch nicht. Die beiden sind tatsächlich nur Statisten in dieser Geschichte - die wahre Hauptfigur ist das Zimmer 1408 selbst.
Dessen Hintergrundgeschichte wird dann auch entsprechend ausführlich nachgezeichnet. Hier lässt King sich Zeit eine düstere Atmosphäre aufzubauen, die an tatsächliche Hoax-Storys über Geisterhäuser erinnert. Langsam werden immer absonderlichere Ereignisse auflistet - ein Selbstmord hier, ein Schlaganfall da - bis man die Spannung förmlich mit Händen greifen kann. Sobald Enslin im Zimmer angekommen ist trägt auch der geniale Kunstgriff mit dem Aufnahmegerät einiges zum Found Footage-Charme der Geschichte bei. Das macht geschrieben schon einiges her, aber ich könnte mir auch ein Hörspiel aus Enslin-Aufnahmen, in dem er nach und nach alle Verbindungen zur Realität kappt, ganz fesselnd vorstellen.
Dass King nach dem langen Aufbau darauf verzichtet einen tatsächlichen Dämon aus dem Hut zu ziehen, mag manche ärgern. Ich finde es erfrischend, dass er sich diesmal auf so alltäglichen Horror beschränkt. Tatsächlich kann ich mit seinen allzu fantastischen, allzu tief aus der Horror-Kiste herausgekramten Kreaturen oft nicht viel anfangen. Pennywise funktioniert für mich als Clown tausendmal besser als als Werwolf oder Riesenspinne. Und wenn in ''Wahn'' die Riesenfrösche angreifen oder am Ende von ''Revival'' die Riesenameisen aufmarschieren (ganz schön viele Riesentiere, wenn man mal drüber nachdenkt) geht für mich jede Spannung flöten. Da lobe ich mir die Beschränkung auf schiefe Bilder und seltsame Telefonanrufe, die das den tatsächliche Horror dahinter immer nur andeuten. Ein weiterer Pluspunkt gegenüber dem Film, der seine Laufzeit mit Geistervisionen und wüsten Klimaschwankungen streckt.
Wenn das Zimmer dann endgültig zuschlägt funktioniert es perfekt als stimmungsvolle Andeutung aus Licht und Grauen. Über den Schluss kann man wohl streiten - wäre es besser und konsequenter gewesen, wenn Enslin als weiteres Opfer von 1408 geendet hätte? Wenn in der letzten Szene Olin mit einem Seufzen einen weiteren Namen auf eine Liste gesetzt hätte? Vielleicht. Aber so gefällt es mir auch - der Epilog ist gerade lang genug um zu zeigen, wie sehr die Zeit im Zimmer Enslins Leben beeinflusst hat ohne zu langatmig zu werden. Ab und zu passt ein halbwegs glimpfliches Happy End dann doch - immerhin ist mindestens das skeptisch-rationale Weltbild unseres Hoax-Jägers für immer zerstört.
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