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Doch! Erwarten wir ein biblisches Ende, indem das Böse wie gewohnt büßen muss, erhalten wir ein Ende, dass so unerwartet ist... weil es genau der Realität entsprecht! Wer nichts hat, möchte etwas haben. Wer viel hat, möchte noch mehr haben! Und während sich Streeter in den Arm seiner Frau kuschelt, sagt, er habe alles, was sein Herz begehrt und sich im selben Moment noch mehr wünscht – da wurde der Leser rotwangig ertappt! Denn dort findet er keinen verachtbaren Sündenbock, sondern einen Spiegel vor dem eigenen Gesicht!
==[[Benutzer:Andreas|Andreas]] (5 / 5)==
Es ist in meinen Augen faszinierend, auf welch unterschiedlichen Wegen man zum gleichen Resultat kommen kann. Fangen wir mit ebenjenem an. Ich finde die Geschichte ebenso großartig und faszinierend. Allerdings kann ich ihr so rein gar nichts komisches abgewinnen. Im Gegenteil. Bei mir überwiegt die Faszination, wie King es schafft in sehr wenigen Zeilen einen Raum für komplexe Gedanken über die Figuren, ihre Moral und mögliche Rechtfertigungen zu erschaffen.
Dabei beginnt King in meinen Augen weder besonders spekatulär, noch sonderlich einfallsreich. Es gibt so viele Drehbücher in Hollywood, die mit der gleichen Konstellation beginnen. Beste Schulfreunde, deren Freundschaft alles andere als beidseitig oder intensiv ist. Die Rollen scheinen klar verteilt. Dave Streeter, der arme gebeutelte Mann mit Krebs und Tom Goodhugh, sein erfolgreicher, attraktiver und stinkreicher Kumpel aus der Grundschule, der ihm die Frau weggenommen hat und auch noch ein Kind mehr in die Welt setzte. Doch King setzt das, was möglicherweise in einer Komödie enden könnte, konsequent ein bis drei Leven stärker und düsterer an. In einem von wenigen fließenden Übergängen lässt er Streeters Krebs ebenso verschwinden, nur um ihm dann seiner eigentlichen Jugendliebe zu geben. Im gleichen Zimmer, vom gleichen Arzt mit den gleichen Worten. Für mich einer der Kernmomente der Geschichte. Norma war einer der Aufhänger für Streeters unbändige Wut auf seinen Kindheitsfreund. Er ist mit seiner Frau glücklich, aber trotzdem denkt er noch an ihre kurzen Röcke, wenn er mit Janet schläft. Auch 20 Jahre nach der Trennung kann er es scheinbar weder Tom noch Norma verzeihen, dass sie sich gegen ihn entschieden hat. Doch ihr Leiden und ihr darauf folgender Tod lässt ihn scheinbar unberührt. In meinen Augen der erste Schlag ins Gesicht für Alle, die mit Streeter vor seiner teuflischen Heilung gelitten haben.
Die Entwicklung geht einseitig und scheinbar ohne Halt so weiter. Depressionen, Leiden und der Tod wartet auf die Familie Goodhugh, süßsaures Glück, Erfolg und Vermögen auf der anderen Seite. King schafft es, dass ich Streeter gegen Ende der Geschichte den Krebs wieder zurückwünsche, nur um dann zu merken, dass ich damit kein bischen besser bin wie er. Und doch, Goodhugh mag ein rücksichtsloser Gauner gewesen sein. Aber er war nicht für die Passivität Streeters verantwortlich, die ihm womöglich um seine Beziehung zu Norma gebracht haben, die ihn um die Beförderung gebracht haben. Er war nicht für den Krebs von Streeter verantwortlich. Dieser jedoch ist es aller Wahrscheinlichkeit nach. Für den Tod seiner ach so innig geliebten Jugendliebe, für den Tod mehrerer völlig unbeteiligter junger Menschen. Für das Leid so Vieler. Was macht er daraus? Er will nur noch mehr. Heiliges! Dass George Elvid nicht auf seine Seele besteht, ist gar kein Problem. Was sollte er auch mit Streeters nach diesen Ereignissen anfangen?
Die Geschichte ist kurzweilig, düster, und scheint auf mehreren Ebenen sehr gut zu funktionieren. Dass sie noch niemand verfilmen will, erscheint mir aktuell etwas merkwürdig. Aber schon möglich, dass es für den großen Film einen noch viel deutlicheren Wink mit dem Moralzaunpfahl benötigt. Schade eigentlich.
{{Weiterführend Faire Verlängerung}}
[[Kategorie:Rezension]] [[Kategorie:Zwischen Nacht und Dunkel]]