N.: Rezension
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Inhaltsverzeichnis
Croaton (5 / 5)
N. gehört für mich zu den besten Geschichten der Sammlung Sunset. Es wurde ja auch mal Zeit, dass King sich der spannenden (wenn auch für die Betroffenen freilich schrecklichen) Thematik der Zwangshandlungen annimmt. Mit Nettie Cobb (aus In einer kleinen Stadt) hat er da schon einen Vorstoß gewagt, denn sie ist nach ihrem Kauf in dem Laden Needful Things besessen von der Idee, ihre Türen seien nicht richtig verschlossen, sodass sie diese ständig kontrollieren muss und deshalb das Haus nicht mehr verlassen kann. Nun ist hier der Patient mit dem Kürzel N., der einen Psychiater aufsucht, weil ihn seine eigenen Zwangshandlungen - das ständige Zählen von Dingen und deren Ordnung zu Gebilden mit einer geraden Anzahl - in den Wahnsinn treiben. Die verstörende Grundidee der Geschichte ist die Tatsache, dass hier die Zwangshandlungen übertragbar sind - insgesamt zwei Leute werden von N. angesteckt und in den Tod getrieben, ein dritter steht wohl auf der Warteliste ...
Trotz der vielen Fehler (siehe auch hier) kommt die sehr interessant aus verschiedenen Perspektiven erzählte Geschichte (die auf dem Hörbuch Sunset von verschiedenen Lesern vorgetragen wird) äußerst beklemmend und unheimlich daher – und ausnahmsweise stören mich einmal nicht die Anleihen bei H.P. Lovecraft, die mich bei Crouch End oder vor allem bei Omi ganz enorm aus dem Lesegenuss rissen.
Fazit: Unheimlich und faszinierend zugleich – N., die vielleicht vorab meistdiskutierte Geschichte der Sammlung, wird man womöglich einst zu den Klassikern von King zählen.
Horaz Klotz (5 / 5)
Mit N. nimmt sich King mal wieder ein bekanntes Grundmotiv vor - und schafft es trotzdem der Geschichte seinen ganz eigenen Spin zu geben. Ein Psychiater, der mehr und mehr in die Wahnsinnswelt seines Patienten abrutscht, das funktioniert eigentlich immer. Und die geheimnisvolle Zahlenmagie psychischer Zwangshandlungen ist ein perfektes Sprungbrett in die Tiefen des menschlichen Geistes. Als jemand, der sich selbst schon dabei erwischt hat, Wörter zu zählen und in Paare zu ordnen oder einmal mehr als nötig zu checken, dass wirklich alle sechs Karten im Portemonnaie am richtigen Platz stecken, ging mir die Geschichte dabei an einigen Stellen tatsächlich näher als gedacht.
King denkt das Gefühl, die Welt irgendwie im Geleichgewicht halten zu müssen, das letztendlich jeder Zwangsstörung zugrunde liegt, konsequent zu Ende und verwebt es spielerisch mit Horrorelementen. Hier bedient er sich mal wieder großzügig bei Lovecraft mit seinen vorzeitlichen Heiligtümern und körperlosen Schrecken. Im Gegensatz zum plumpen Monsterhorror, wie er ihn zum Beispiel am Ende von Revival entfesselte, passen diese düsteren Andeutungen einer dunklen Welt hinter der Welt, perfekt in die Atmosphäre der Kurzgeschichte. Tatsächlich erinnert mich die Geschichte stellenweise an Die Farbe aus dem All - einen meiner Lovecraft-Favoriten. Eine seltsame Macht zieht die Menschen in ihren Bann, vernichtet jeden der sich ihr zu lange aussetzt und unsere Protagonisten werden mit unnachgiebiger Gewissheit einer nach dem anderen in den Abgrund gerissen. Nur dass das Leiden hier offenbar psychisch ist und damit wesentlich schwerer zu fassen, als ein vergleichsweise simpler Meteor aus dem All. Dazu kommt noch der Kniff, dass Kings Steinwächter sich offenbar opfern, um die ganze Welt zu retten - das ist dann doch eine Spur heroischer als die meisten Lovecraft-Helden abtreten dürfen.
Über das found-footage-mäßig aus Briefen, Notizen und Tagebucheinträgen zusammengeschnipselte Format lässt sich wohl streiten. Während unser jeweiliger Erzähler hier viel Platz bekommt, um seine Gedankenwelt zu ergründen, bleiben Nebenfiguren zwangsläufig ein bisschen grob gezeichnet. Im Kurzgeschichten-Format funktioniert das für mich aber relativ problemlos - besonders wenn King seinen alten Trick auspackt, die Texte zunehmend wirr und unverständlich werden zu lassen, je weiter es mit unserem Protagonisten bergab geht. Daneben rücken so die Ängste, die der Steinkreis in den Besuchern weckt in den Vordergrund und das bohrende Gefühl, nicht zu wissen, ob man seinen eigenen Sinnen vertrauen kann. Das ist auch der einzige Punkt an dem ich die Kurzgeschichte besser finde, als die sonst ziemlich geniale Online-Episoden-Umsetzung. Im visuellen Medium des Onlinevideos mussten die Monster zwangsläufig gezeigt und damit ein Stück weit entzaubert werden - hier im geschriebenen Text können sie ganz düstere Andeutung bleiben.
Fazit: King nimmt uns mit auf einen perfekten kleinen Horror-Ausflug, bei dem er sich an genau den richtigen Stellen an Lovecraft orientiert. Am Ende bleiben alle Fragen offen - und das Gefühl, vielleicht ein kleines bisschen die Welt zur retten, wenn man doch mal wieder etwas zählt.
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