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Das Ende ist dann herrlich fies, als Norris den Spieß umdreht und Cressner um das Gebäude schickt, aber entscheidet ihn nicht leben zu lassen.
==[[Benutzer:Horaz Klotz|Horaz Klotz]] (3 / 5)==
''Der Mauervorsprung'' ist mal wieder ein perfektes Beispiel für Kings erzählerisches Talent. Aus einem genialen Grundmotiv könnte wahrscheinlich jeder Autor eine halbwegs spannende Kurzgeschichte zimmern, aber aus einer derart hirnrissigen Idee wie einem erzwungenen nächtlichen Spaziergang rund um den 43. Stock eines Penthouses kann nur ein echter Meister eine fesselnde Story stricken. Und King gelingt es. Das liegt zum einen daran, wie clever er allzu abgenutzte Gangstermotive erdet. So wird zum Beispiel das altbekannte Liebesdreieck auf den Kopf gestellt - dass Cressner eigentlich sowieso nicht viel für seine Frau übrig hat und um seinen Ruf als eiskalter Unterweltboss viel mehr fürchtet als um seine Ehe ist eine nett nüchterne Herangehensweise an dieses Klischee. Und dass Mrs. Cressner am Ende bei keinem von beiden endet, sondern tatsächlich schon vor Beginn der Geschichte ganz nebenbei ermordet wurde, sorgt für einen nett-realistisch bitteren Nachgeschmack.
Dass die Geschichte für mich so gut funktioniert ist umso erstaunlicher, als ich nicht wirklich zur Zielgruppe gehöre. Höhe macht mir eigentlich nicht viel aus - jedenfalls solange ich weiß dass ich oben bleiben kann, von allzu hohen Sprungtürmen oder Bungeesprüngen habe ich mich bisher erfolgreich ferngehalten. Außerdem gibt es in dem ganzen abgedrehten Setting dann doch ein paar Ungereimtheiten zu viel. Zum einen gibt Cressners Charakter ein paar Rätsel auf - was macht er wenn Norris abstürzt, würde er ihn wirklich auf so eine so öffentliche Weise umbringen wollen, die so zwangsläufig die Polizei auf den Plan rufen würde? Und warum ist dem Gangsterboss kein mieser Trick zu schade um seine Wette zu gewinnen, aber er ist dann Ehrenmann genug seinen Rivalen auszubezahlen? Außerdem ist eigentlich von Anfang an klar, dass Norris überleben wird - und das nicht wegen der Erzählperspektive. Es würde einfach dramaturgisch keinen richtigen Sinn machen, unseren Protagonisten in so eine ''eigentlich'' unlösbare Situation zu manövrieren und ihn dann wirklich sterben zu lassen.
Trotzdem ist es wenn schon nicht wirklich spannend doch absolut kurzweilig zu lesen, welche Hindernisse unser Autor seinem Protagonisten auf dem Sims so in den Weg stellt. Norris bekommt es nicht nur mit ein paar missgünstigen Windböen sondern auch mit einem extrem revierbewussten Vogel und - was sonst - einem Silvesterknaller zu tun. Da sind alle Ungereimtheiten in der Rahmenhandlung schnell vergessen und man kann gar nicht anders als mit unserem Protagonisten mitzufiebern.
Leider ist das Ende dann nochmal etwas zu dick aufgetragen. Norris ist vom Vorsprung entkommen aber King will die Spannung trotzdem hochhalten und zieht eine filmreife Action-Szene aus dem Ärmel. - Wie unser wackerer Tennisprofi einen bewaffneten Leibwächter überrumpelt und den knallharten Gangster ohne mit der Wimper zu zucken als Geisel nimmt erinnert fast schon an die spektakuläre Flucht aus dem ''Kabinett des Todes''. Immerhin gefiel mir das nett lakonische Ende, bei dem es egal ist ob Cressner das Kunststück auch schafft. Protagonisten die keine perfekten Ehrenmänner sind, sind immer spannender.
Fazit: Eine absolut wahnwitzige Idee, die vorn und hinten keinen Sinn ergibt - aber so nett runtererzählt, dass es trotzdem Spaß macht.
{{weiterführend Der Mauervorsprung}}
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