Ein bisschen angeschlagen: Rezension
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Croaton (4 / 5)
Stephen Kings anfangs nur als "Anhang" zur Taschenbuchausgabe von Full Dark, No Stars erhältliche Kurzgeschichte Under the Weather ist ein kurzer aber treffsicherer Faustschlag in die Magenmitte. Das Überraschungsende ist zwar nicht ganz zum Schluss platziert, so aber verschlingt man erst recht die letzten Absätze, fassungslos darüber, wie weit der bislang arglos scheinende Ich-Erzähler Bradley Franklin sich von der Realität entfernt hat.
Den einen Punktabzug gibt es dafür, dass die ohnehin nicht sehr lange Story zu viel Platz an im Endeffekt belanglose Diskussionen um verschiedene Werbeaufträge verschwendet, als Bradley versucht, an jenem schicksalhaften Tag seiner Arbeit nachzugehen. Dennoch eine interessante Geschichte, die mit der vom Hund Lady angeknabberten Ellen Franklin ein weiteres Bild zur Galerie der Kingschen Unvergesslichkeiten hinzufügt.
Andreas (5 / 5)
Ein bisschen angeschlagen hat was für sich. Die Geschichte bewegt sich entlang mehrerer Motive zu ihrem Resultat. Da ist die Hoffnung eines Lovecraftartigen Horrors zu Beginn, als Bradley Franklin merkwürdige Geräusche unter dem Ehebett hört. Da ist die Hoffnung, es könnte eine Geschichte wie Der rasende Finger oder Turnschuhe sein, die King selbst verfasste, als wir hören, dass in dem Appartment unter den Franklins jemand eine Ratte vergammeln lassen könnte. Dem Gestank im Haus zu urteilen, müsste es eine große Ratte sein.
King nimmt uns zusammen mit Bradley auf eine weitere Reise. Weg von zu Hause und weg von dem klassischen Horror. Es wirkt fast wie eine Abrechnung auf die Abgeklärtheit der Werbebranche, die nur eines will, Produkte verkaufen. Gewissenlos und professionell unterkühlt.
Doch das ist nur eine kurze Exkursion. Füllmaterial für die Rückkehr zur Grausamkeit, die Rückkehr ins traute Heim von Brad und Ellen. Die Erkenntnis, dass der Hund der beiden kein gewöhnliches Spielzeug unter dem Ehebett bearbeitete. Die Erkenntnis, dass es hier kein Happy Ending geben wird, und vor allem die Erkenntnis, dass hier die Übersetzung des Titels auf makabre Art ganz gut passt. Denn Ellen wirkt mehr als nur ein Biss-chen angeschlagen.
Eine wunderbare Geschichte. Ohne all zu große Überraschungen, denn King deutet nicht nur leicht das Resultat an, aber mit wunderbaren Bildern für die eigene Phantasie - es wird wohl ein paar Tage brauchen, bis ich wieder morgens kuscheln möchte.
Vermis (5 / 5)
Zu dieser Geschichte kann ich eigentlich kaum etwas sagen... Das Ende war zwar recht leicht vorherzusehen, aber dennoch folgte ich der Handlung gebannt und war doch leicht geschockt vom Bild des Hundes der seine Herrin zum Fressen gern hat. Auch der kurze Einblick in die Werbebranche kam mir nicht zu lang vor, auch weil King hier wieder Witz zeigt.
King sagt zwar, er weiß nicht woher er die Idee zu Ein bisschen angeschlagen hatte, ich persönlich musste aber an eine tolle Geschichte namens Psycho denken. In Kings Kurzgeschichte kommt zwar keine blutige Duschszene vor, dennoch unterhält sie von Anfang bis Ende.
Horaz Klotz (4 / 5)
Manchmal entstehen die besten Kurzgeschichten nicht aus den aller ausgefallendsten und cleversten Ideen, sondern aus solchen bei denen der Leser sich denkt "Moment mal, das habe ich doch schon mal irgendwo gehört" - oder sogar "Also darauf wäre ich auch gekommen". Ein bisschen angeschlagen ist so ein Fall. Eine simple Idee, die einfach gnadenlos runtererzählt wird, aber King schafft es trotzdem den Leser zu fesseln und findet nebenbei sogar noch Zeit ein bisschen über die Werbebranche zu philosophieren.
Klar, man ahnt schon relativ bald worauf das alles hinausläuft. Aus den nett gestreuten Andeutungen am Anfang, die man vielleicht erst beim zweiten lesen alle mitbekommt, werden schon bald ziemlich eindeutige Hinweise. Für meinen Geschmack sogar ein bisschen sehr eindeutig. Ganz so fest hätte uns King nicht mit der Nase auf die Lösung stoßen müssen. - Besonders als Franklin in seiner Urlaubsflug-Erinnerung steckt und seiner Frau versichert, dass er ihr treu geblieben wäre, auch wenn sie wirklich gestorben wäre, wird es ein bisschen sehr platt. Aber grundsätzlich gefällt es mir, dass der Story egal zu sein scheint, wann der Leser auf den Twist kommt. Sie baut nicht auf einen letzten großen Schockmoment, sondern kultiviert die düster-morbide Stimmung in der Franklin durch seine Traumwelt wandert.
Und apropos Traumwelten - wie King Franklins Meinungen und Weisheiten über seine Branche verarbeitet ist für mich nochmal ein großer Pluspunkt für die Story. Jenseits vom üblichen - und oft sehr berechtigten - Werbebashing, wird hier das Bild eines Geschäftszweigs gezeichnet, der in erster Linie Träume verkauft. Ziemlich gleichförmige Träume natürlich, voller Markennamen und simplen Botschaften. Aber trotzdem tritt Franklin hier klar als Geschichtenerzähler auf, der seinen Kunden zuflüstert: "Die Welt kann perfekt sein, dein Leben kann perfekt sein - alles was du dafür brauchst ist dieses Shampoo." Hier schließt sich dann natürlich der Kreis, denn was liegt näher für einen professionellen Märchenerzähler, als sich selbst mit seinen Lügen einzulullen und die kalte, grausame Realität gegen eine warmen, tröstenden Traum zu tauschen.
Dabei gelingt es King ziemlich geschickt offen zu halten, wie weit Franklin seine eigenen Lügen zumindest unterbewusst durchschaut. Wenn er sich durch den Hintereingang schleicht, um Fragen aus dem Weg zu gehen, sich genau erinnert wann seine Ellen aufgehört hat zu atmen und trotzdem die Fenster aufmacht, damit sie frische Luft bekommt ist das richtig gut gemacht. Und für mich auch deutlich wirkungs- und stimmungsvoller als das Hin und Her mit dem Familienhund und seinem neuesten Kauspielzeug. Hier driftet die Geschichte für ein paar Absätze in Ekel-Grauen-Dimensionen ab, die nicht wirklich zum atmosphärischen Schauer passen. Aber wenn Franklin kurz vorm Zusammenbruch noch einmal im Schlafzimmer Platz nimmt um nur noch ein kleines Weilchen darauf zu warten, dass seine tote Frau aufwacht, ist das eines der stärksten tragischen King-Enden.
Fazit: Eine nette kleine Alltagstragödie um die Angst, sich die Welt eines Tages nicht mehr schönreden zu können.
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