Big Driver (Film): Rezension
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Andreas (3 / 5)
Zugegeben, es ist eine Herausforderung, eine Novelle so zu adaptieren, dass ein Film dabei herauskommt. Wenn man dann noch die Vorgabe bekommt, einen Fernsehfilm mit dem Thema der Vergewaltigung und der Selbstjustiz auf die Beine zu stellen, kann man daran verzweifeln. Auf Grund der Hürden, die King mit seiner Novelle Big Driver aufstellte, versuche ich gnädig zu sein. Ein paar Dinge sind dennoch aufgefallen.
Da ist zum einen die Jugendfreigabe. TV-14 bedeutet, der Film kann angeblich bedenkenfrei von Kindern ab 14 Jahren gesehen werden. Das hat zur Folge, dass Einiges nicht gezeigt wird. Lifetime hat sich entschlossen ein großes Publikum gefahrenfrei anzusprechen, dadurch aber den Bildern, die King in seiner Vorlage zeichnet, die Wucht genommen. Natürlich ist man nicht gerade angetan davon, wie Tess von Big Driver behandelt wird. Natürlich gibt es Blut zu sehen. Aber es ist in meinen Augen zu verharmlost um zu schockieren. Maria Bello und Will Harris sind in der vermeintlich grausamsten Szene nahezu komplett gekleidet. Tess' Schüsse werden rechtzeitig abgeblendet um nur Licht aufblitzen zu sehen.Hinzu kommt das, was auch bei der Vorlage eher für Irritation gesorgt hat. Tess ist eine Autorin und hat daher leicht verständlich viele Gedanken in ihrem Kopf. Dass sie aber ihre Charaktere nicht nur hört, sondern sie auch sieht, dass sie mit ihrem GPS-Gerät Tom streitet und sie mit ihren Opfern nach dere Ableben redet, ist etwas zu viel des Guten. Die Gespräche mit Doreen sind nicht schlecht gemacht - zu Olympia Dukakis im nächsten oder übernächsten Absatz - , aber als Tom das erste mal warnt, er fände die Gegend gefährlich, empfand ich ihn übertreibend, nervig und fehl am Platz. Warum hat man sich nicht getraut und den Schritt getan, die Rolle von Tess' Freudin und Nachbarin zu erweitern. Ihre Rolle in den ersten Minuten diente leider nur der Einleitung von Tess.
Unglücklicherweise habe ich auch mit ihr meine kleinen Probleme. Maria Bello ist eine gute Schauspielerin. Allerdings ist Big Driver abhängig von einem präsenten Hauptcharakter. Dolores hatte die gleichen Probleme zu überwinden. Jedoch konnte Kathy Bates ihre Rolle glaubwürdig darstellen und durch ihr Äußeres, ihre Mimik und Gesten, ihre eigene Verwandlung nachvollziehbar darstellen. Maria Bello wirkte zu Beginn wie die nette, leicht von diesen Terminen unterforderte und gelangweilte Autorin. Ihre Wandlung von Opfer zu Täter jedoch hat nur bedingt funktioniert. Ihre Abgeklärtheit im Finale Big Driver gegenüber erschien zu plötzlich. Dazu kommen hahnebüchene Dinge während des ganzen Films um Kings Geschichte zu erzählen. Die Verwechslung von Big Drivers Bruder hinterlässt ein großes Fragezeichen, weil man sich sicher sein kann, dass es der deutlich Größere und Dickere war, den Tess an der Tankstelle sah. Das Nagelbrett, welches sie ihren Vergewaltiger vor den Kopf haut hat sie nie im Leben innerhalb von einer Sekunde gefunden, aufgehoben und so geschwungen als stünde sie vor ihm. Oder Big Driver hat ganz freiwillig stillgehalten. Darüberhinaus dürfte das wohl der schnellste Tod nach einem Gemächtsschuss in der Historie der Rachefilme gewesen sein.
Aber es war nicht alles schlecht. Zur Zeit sind scheinbar die etwas härteren Filme im US-Fernsehen in. Die Welle, die von Serien wie American Horror Story losgetreten wurde, ist aber nur auf den ersten Blick wirklich toll. Unter anderem liegt das an der klinischen Sauberkeit von eigentlich chaotischen Sets. Eine Nervenanstalt der sechziger ist optisch frei von jeglichen Bakterien? Eher nicht. Selbst die Wände glänzen vor Sauberkeit. Big Driver ist dort anders. Eric Fraser, Production Designer unter anderem auch von der Verfilmung von ES, schafft es, düstere Szenen zu erstellen. Hillbilly-Heaven. Egal, ob der heruntergekommene Schuppen in dem Tess vergewaltigt wird oder die Wohnungen von Ramona und Big Driver. Es wirkt nicht abgeklärt sondern rauh, wie ich es gehofft hatte.Zum anderen sind da zwei Damen, die den Film erhellen. Joan Jett hat eine Gastrolle als Barbesitzerin Betsy Neal. Hatte ich vorher gar nicht gewusst, umso größer ist die Freude gewesen sie zu sehen. Die zweite Dame ist Olympia Dukakis. Die 83-jährige Dame ist in jedem Jahr in einige Fernsehfilmen zu sehen und hat eine große Anhängerschaft. Ich kann das mittlerweile gut verstehen. Sie ist die Stimme der Vernunft und der Rache in Tess' Kopf. Sie ist die Anführerin des Strickclubs aus ihren Geschichten und die Abgezocktheit in Person - oder in Kopf, wie man es nimmt. Dabei wirkt sie so kühl wie ein Eisblock und so abgeklärt wie ein Serienkiller. Dukakis wirkt wie eine souveräne Dame von hohem Stand mit einem schier endlosen Erfahrungsschatz um jede Situation zu meistern. Ganz im Gegensatz zu Maria Bello passt ihre Rolle hundertprozentig zu ihr und sie zu ihrer Rolle. Zugegeben, sie hat auch nicht die Notwendigkeit der Veränderung.
Alles in allem ist der Film ganz ok. Er taugt als eine gute Kingverfilmung weil er sich sehr, sehr nah am Originalmaterial orientiert und einen vernünftigen Handlungsbogen aufbaut. Dabei stößt er allerdings auch auf die gleichen Probleme von Kings Material. Glaubwürdigkeit und die Frage, ob das Handeln von Tess nachvollziehbar ist. Leider überzeugt mich der Film nicht ganz mit seiner Antwort.
Croaton (1 / 5)
Ich gehöre eindeutig zu den King-Puristen, die jede Abweichung vom Original-Material verurteilen oder zumindest in Frage stellen. Ausnahmen bestätigen die Regel, denn diesem Film hätte es mehr als gut getan, sich weiter von der Vorlage zu entfernen. Denn zu lesen, wie Tess mit ihrem Navi oder mit Toten spricht, die ihr antworten, ist eine Sache, es im Film tatsächlich zu sehen, setzt der Lächerlichkeit noch die Krone auf. Schade, denn die Hauptdarstellerin (für die es den einen mageren Punkt gibt) hätte daraus einen guten oder zumindest passablen Streifen machen können.
Doch im Prinzip fehlt es an allen Ecken und Enden: Die Mordszenen sind grauslich inszeniert, die moralinsauren Kommentare über Selbstjustiz nerven, die imaginäre, immer wieder auftauchende alte Dame aus dem Nähklub hat in mir die größten Mordgelüste ausgelöst. Und manche Szenen entbehren schlicht jeder Logik: Wer etwa kauft es dem Regisseur ab, dass genau in dem Moment, in dem Jess die Wohnung Big Drivers betritt, auf dessen Drucker just ein Foto ihrer Vergewaltigung ausgedruckt wird, zumal Big Driver in der Garage nebenan arbeitet? Was für ein Käse.
Fazit: Die Kingschen Fehlgriffe, die aus einer eigentlich vielversprechenden Novelle nur Mittelmaß machen (siehe auch hier), verderben die filmische Umsetzung gänzlich.
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