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→IX) Horror-Literatur: Teil 4
:Die Nachbarn sind nicht, was sie scheinen; Rosemarys Mann hat für alles, was sie beunruhigt, eine logische Erklärung - und doch stimmt etwas nicht mit dem Kind, das in ihr heranwächst, beziehungsweise mit der Art und Weise, wie ihre Umwelt auf ihre Schwangerschaft reagiert. Führt ihr Arzt etwas im Schilde? Meint das alte Ehepaar, das sich so rührend um Rosemary kümmert, es wirklich gut mit ihr und ihrem ungeborenen Kind? Das Buch ist leise und zurückhaltend, entwickelt aber dennoch einen Sog der Beklemmung, dem sich der Leser kaum entziehen kann. King schließt seine Analyse ab mit folgendem Abschnitt:
{{cquote|Wenn Horror-Romane als Katharsis für weltliche Ängste fungieren, dann scheint ''Rosemarys Baby'' zurückzuspiegeln und das sehr reale Gefühl urbaner Paranoia der Stadtbewohner wirkungsvoll einzusetzen. In diesem Buch gibt es überhaupt keine netten Leute von nebenan, und das Schlimmste, das man je über die tatterige alte Dame drüben in 9-B gedacht hat, erweist sich als Wahrheit. Der wahre Sieg des Buches besteht darin, dass es uns eine Zeitlang erlaubt, verrückt zu sein.}}
::Jack Finney, '''''Die Körperfresser kommen''''' (orig.: ''The Body Snatchers'')
:Noch ein Buch über Paranoia, diesmal die Paranoia einer Kleinstadt. Einer ''netten'' Kleinstadt, in die allmählich das Unbehagen einbricht. Etwas stimmt auf einmal nicht mehr mit manchen der Bewohner. Sie sind irgendwie ... anders. Finney, den King als Mitbegründer des "modernen Horrorromans" ansieht, gelingt es meisterlich, in die Idylle der "netten Kleinstadt" das schleichende Grauen eindringen zu lassen, das sich immer mehr steigert und schließlich monströse Ausmaße einnimmt.
:Paranoia, so King, gehört in Amerika fast schon zum guten Ton; kein Wunder, dass Finneys Geschichte derart einschlug. Die Filmversion schließlich nutzte das Buch, um die damalige Paranoia gegenüber den Kommunisten zu schüren, was Finney selbst eher albern fand. Er gesteht in einem Brief an King: "Ich habe Erklärungen über die 'Bedeutung' dieser Geschichte gelesen, die mich amüsierten, weil sie überhaupt keine Bedeutung hat; es ist nur eine Geschichte, die unterhalten sollte, ohne tiefere Bedeutung."
:King stimmt durchaus zu, dass in allen Geschichten vorrangig erst einmal die Handlung steht, findet in Finnleys vielschichtigem Werk jedoch soviele Elemente eines gut gestrickten Horrorromans, dass er Kritiker verstehen kann, die viel versteckten Sinn in den ''Körperfressern'' sehen (wollen).
===X) Der letzte Walzer - Horror und Moral, Horror und Magie===