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Das Schwarze Haus: Rezension

4.705 Byte hinzugefügt, 09:07, 15. Jun. 2008
Edit 4998: Am Ende drehe ich etwas ab, aber dennoch ernst gemeint! WS 5/5
Fazit: Mal wieder zu lang, aber insgesamt genial ausgedacht.
 
==[[Benutzer:Wörterschmied|Wörterschmied]] (5 / 5)==
Mit ''[[Das Schwarze Haus]]'' schaffen die Autoren [[Stephen King]] und [[Peter Straub]] etwas unter normalen Umständen unmögliches: Sie schreiben eine Fortsetzung zu einem Roman, die tausendmal besser ist als der Vorgänger!
 
Ist '' [[Der Talisman]]'' eine lustige und kinderfreundliche Geschichte à la [[Mark Twain]], so ist ''Der Talisman II – Das Schwarze Haus'' einer der gruseligsten Horrorromane des dritten Jahrtausends! Die Idee, dass zwei Horrorautoren ein Phantasybuch über die Reise von zwei Kindern (und einem [[Wolf]]), die auf der Suche nach einem [[Talisman|Allheimmittel]] sind, schreiben, ist so absurd wie eine Horrorgeschichte von Astrid Lindgren oder ein Schlagersong von ''[[Black Sabbath]]''.
 
Dennoch beschränkt sich das Buch nicht auf die Darstellung von Mord und Blut: der junge [[Tyler Marshall]] wird von einem [[Charles Burnside|Kindesmörder]] entführt, der bereits drei [[Opfer des Fisherman|Opfer]] forderte – der Clou: Ty wird von seinem Entführer in eine andere Welt gebracht, um dort als [[Brecher]] zu arbeiten, indem er seine [[Übernatürliche Kräfte|übernatürlichen Kräfte]] einsetzen muss, von denen er selbst nichts weiß. Was King und Straub uns ersparen, sind lange Ermittlungsarbeiten à la [[Agatha Christie]] und übertriebene Räuber-und-Gendarm- Spiele nach Dan Brown.
 
Noch ehe der Junge entführt wird, ist bereits klar, dass der Konflikt zwischen Pro- und Antagonisten nicht in Gerichtssälen stattfindet oder auch nur auf profane Weise geklärt werden könnte. Die Verbindung zum [[Dunkler Turm Zyklus|Dunklen Turm Zyklus]] wird schnell geklärt, die Existenz von anderen Welten damit vorausgesetzt.
 
Aber dennoch erhält das Buch seine Magie gerade durch die Alltäglichkeit und die Wahrhaftigkeit von Handlungen. [[Jack Sawyer]] macht sich ein Omelett, obwohl er eigentlich keine Eier mag – aber geht es uns nicht allen so, dass diese Vertiefungen im Kühlschrank uns dazu ''zwingen'', trotzdem immer frische Eier in den Kühlschrank zu legen? Nur langsam bricht die Vorstellung vieler [[Das Schwarze Haus/Charaktere|Charaktere]], dass es Dinge gibt, die man auf logische Weise nicht erklären kann. Der Horror und das Surreale müssen einen harten Kampf bestreiten, um endlich die Fesseln der Vorstellungskraft zu lockern und akzeptiert zu werden. (In ''Der Talisman'' wird mit diesem Thema viel fahrlässiger umgegangen: „Jack, du musst durch die Staaten reisen – wobei du aber kein Flugzeug oder Auto benutzen darfst –, um einen Talisman zu finden und deine Mutter zu retten – außerdem kannst du durch die Welten [[flippen|wandern]] und zwei erwachsene Männer mit übernatürlichen Kräften werden dich verfolgen. Bist du bereit?“ – „Läuft.“)
 
Wird die ausladende und überpenible [[Das Schwarze Haus: Erzählstruktur|Erzählstruktur]] von einigen Lesern eher geduldet als gemocht, so muss ich sagen, dass ich gerade diese vergöttere! Wir fliegen anfangs über die [[French Landing|Stadt]] und riechen Rettiche und nehmen an einem [[Erdbeerfest]] im [[Maxton Altersheim|Altersheim]] teil – wann waren wir (die wir sogar direkt angesprochen werden) näher am Geschehen als hier? Vor allem folgende Szene ist mir seit dem ersten Lesen im Gedächtnis geblieben:
:''Eine dicke Biene kommt durch den leeren Fensterrahmen, der drei Schritte von [[Irma Freneau|Irmas]] Leiche entfernt ist […] Für uns hat die Biene, die weiterhin zufrieden durch den rückwärtigen Teil der Schreckenskammer brummt, jedoch aufgehört, eine willkommene Ablenkung zu sein, sie ist vielmehr Bestandteil des uns umgebenden Geheimnisses geworden. Sie ist ein Detail der Szenerie, ein Detail, das uns ebenfalls Demut abfordert und zu uns spricht.'' (Kapitel 2)
Genau an dieser Stelle bin ich King verfallen, dessen Handschrift die schrecklichsten Dinge in schönster Kalligraphie darzustellen weiß. Und noch heute muss ich stets an diese eine Textstelle denken, wenn Dinge des Alltags (eine Fliege im Fliegenfänger, Eier im Kühlschrank, ein aufgeschürftes Knie) plötzlich eine Magie entwickeln, die einen den Augenblick ''spüren'' lassen, dass man diesen Moment nicht aus dem Fernsehen kennt oder aus einem Gespräch erfahren hat, sondern tatsächlich ''erlebt'' hat und in dessen Angesicht seine eigene Existenz wahrnimmt und zu begreifen scheint. Diese Szene hat meine Wahrnehmung für immer verändert und mich dafür sensibilisiert, per se unvereinbare Dinge in Relationen zu setzen und die Welt um mich herum als etwas Organisches und Lebendes zu erkennen, das außerhalb von mir existiert und mich dennoch zu einem Teil von ihr macht, wie eine Biene an einem Tatort.
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