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Wörterschmied (3 / 5)
Das Buch Der Anschlag ist genau das, was man vor dem ersten Aufschlagen erwartet: Absolut jede Erwartung (in positiver wie negativer Sicht) wird haargenau erfüllt:
- Positiv
- Der Einstieg ist wie bei Kings jüngsten Werken (Die Arena) direkt und kommt ohne lange Erklärungen aus.
- Aus sprachlicher Sicht ist das Buch gelungen, auch wenn es bei Weitem nicht an den Wortwitz von Wahn heranreicht. Das Buch liest sich widerstandslos wie der Unterwäschekatalog von Victoria's Secret.
- Mindestens 19 verschiedene Implementierungen einer bestimmten Zahl und augenzwinkernde Verweise auf Werke wie den Dunklen-Turm-Zyklus und ES.
- Negativ
- Gerade die Ich-Perspektive macht es schwer, dem Protagonisten eine handfeste Charakteristik zu geben und seinen Charakter zu entwickeln. Ähnlich wie Dale Barbara ist Jake Epping glatt wie ein Aal und flutscht durch die Seiten, in der Hoffnung an irgendeiner Ecke oder Kante hängen zu bleiben, genau wie seine begrenzt-dimensionalen Sidekicks.
- Es gibt keinen echten Antagonisten. Die Taten von Lee Oswald sind Jake bis ins Kleinste bekannt und vorhersagbar, letztendlich wird er zum Opfer. Der Bunte-Karten-Mensch kommt seiner Rolle als Zeitenwächter(?) nur bedingt nach und hätte stärker in die Handlung involviert werden müssen - wo sind eigentlich die Langoliers die ganze Zeit?
- Aus rund 850 Seiten im Original hätte man gut und gerne eine 400-Seiten-Geschichte machen können ohne die Spannung zu nehmen - im Gegenteil!
- Ernsthafte Frage: Wer hat etwas anderes erwartet, als dass Oswald durch Jake erschossen wird, während dieser Sadie tötet und Jake, nachdem er erkannt hat, dass man die Geschichte nicht verändern sollte (duh!), alles wieder zurücksetzt und die Handlung des Buches damit an sich nichtig macht? Interessanter wäre es gewesen, wenn der namensgebende Anschlag in der ersten Hälfte des Buches vereitelt geworden wäre und Jake in der zweiten Hälfte von den schlimmen Folgen eingeholt wird und letztendlich selbst derjenige wird, der JFK erschießt, weil Oswald die ganze Zeit unschuldig war.
- Fazit
- Das Potenzial der Grundidee wird von King leider nur zu 19% ausgeschöpft.
Croaton (4 / 5)
Ich liebe Zeitreisen und war sofort von der Idee begeistert, dass King sich diesem Thema endlich einmal ausführlicher widmen wollte. So waren meine Erwartungen an den Roman Der Anschlag äußerst hoch.
In den ersten 11 Kapiteln des Buchs war ich gefesselt, zum einen von Kings Zeitreisetheorien als auch von Jake Eppings ersten Versuchen, in den Lauf der Dinge einzugreifen. Die Welt und die Ausgangssituation, die King hier aufbaut, ist erstklassig und sehr mitreißend. Leider kommen dann jedoch ganze 10 Kapitel, die zum einen Großteil derart politisch sind, dass ich oft den Faden verloren habe und zum anderen Details derart dezidiert beleuchten, dass eine Raffung um mindestens 200 Seiten kein Verlust gewesen wäre. Dann die vielen Anspielungen auf das Amerika der späten 50er und frühen 60er, die mir entgingen und sich auch in einer Sprachwahl niederschlugen, die mir selbst mit Wörterbuch schleierhaft blieben (@ Rezension Wörterschmied: "Das Buch liest sich widerstandslos"??? Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen!) – das hat mich ermüdet und mir den Spaß genommen.
Am Ende gibt der Roman wieder mehr Gas, aber da hat man schon einen faden Geschmack im Mund. Auch versäumt King es, die Rolle der Kartenmänner schlüssig zu erklären, übertreibt meines Erachtens zu sehr bei der Negativdarstellung des alternativen 2011 und entscheidet sich dann auch noch dazu, mit Hilfe des Reset-Tricks wieder zum Status Quo zurückzukehren, was so ähnlich ist als ende ein Roman mit den Worten: "Und da wachte er auf und stellte fest, dass alles nur ein Traum war."
Fazit: Im Grunde ein 3er-Roman, dem ich wegen der insgesamt gelungenen Zeitreise-Aspekte und der vielen Anspielungen auf andere Werke doch gerade so 4 Punkte erteilen möchte. Trotzdem lässt mich Der Anschlag etwas enttäuscht zurück, da ich ihn nach der ersten Ankündigung schon in meine Top Ten hineinhoffte …
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