- Januar
Zum Auftakt von 2011 gibt's an dieser Stelle meine Top Ten des Jahres 2010 (das Erscheinungsdatum hat nichts mit der Top Ten zu tun; dies sind lediglich die besten 10, die ich in diesem Jahr erstmals gelesen habe):
- Platz 10: Uncle Tom's Cabin
- Sicher recht rührselig, aber trotzdem eine Wucht – kein Wunder, dass der flammende Aufruf gegen die Sklaverei damals einen solchen Eindruck machte.
- Platz 9: Q & A
- Zwar war die Verfilmung (Slumdog Millionaire) für mich eine große Enttäuschung, aber die Vorlage fasziniert durch die Erzählstruktur und die unverbrauchten Handlungsorte.
- Platz 8: Die Damalstür
- Mit Akif Pirinçci werde ich nur selten warm, aber dieser Thriller, der geschickt Zeitreisephänomene und einen handfesten Krimi mischt, war kaum aus der Hand zu legen.
- Platz 7: The Rapture
- Endzeitthriller, dessen Ich-Erzählerin im Rollstuhl sitzen muss. Gnadenlos gut: Die Darstellung des Mädchens, das in der Psychiatrie den Weltuntergang prophezeit und für verrückt gehalten wird. Der Schluss wird in Erinnerung bleiben.
- Platz 6: Shadow Man u.a.
- Mit seiner Krimireihe rund um Smoky Barrett hat King-Fan Cody McFadyen eine faszinierende Hauptfigur geschaffen. Zwar ist sie ein bisschen zu gut, weise und klug, aber das nimmt man gern hin, denn McFadyen hat einen Schreibstil, der den Leser mit sich reißt in die Gedankenwelt überaus brutaler Serienmörder.
- Platz 5: Don Quixote
- Lange habe ich auf eine lesbare Übersetzung dieses Klassikers gewartet, den ich in der Version von Edith Grossmann fand. Große Literatur, die mich vor allem dadurch überraschte, dass Cervantes ein fast schon moderner Autor war: Don Quixote trifft Leute, die ihn aus einem Roman kennen … da lässt ja fast der Dunkler-Turm-Zyklus grüßen!
- Platz 4: The Unnamed
- Einer der ungewöhnlichsten Romane überhaupt. Die Hauptfigur leidet unter einer einmaligen Krankheit: Er bekommt Anfälle, während derer er laufen muss. Er kann nicht beeinflussen, wann, für wie lange oder auch nur wohin. Was Ferris aus dieser Grundidee zaubert, ist fesselnd, tieftraurig und absolut lesenswert.
- Platz 3: In Cold Blood
- Truman Capotes bahnbrechender Tatsachenroman hat mich lange beschäftigt, nicht nur während der atemlosen Zeit, in der er mir vorgelesen wurde, sondern auch danach, als ich mir die Verfilmungen angesehen habe und den Mordfall im Internet nachverfolgte.
- Platz 2: Room
- Das beste Hörbuch 2010 ist ein absolut unvergessliches Erlebnis gewesen. Ich wusste nichts von diesem außerordentlichen Buch, sodass sich mir die Welt des kleinen Jack nur langsam erschloss – ich konnte kaum aufhören! Zugegeben, die zweite Hälfte ist nicht mehr ganz so stark wie der Anfang, trotzdem wird sich dieses Werk in mein Gedächtnis brennen und mich noch lange begleiten. Ein Skandal, dass dieses Juwel noch keine deutsche Übersetzung erfahren hat.
- Platz 1: The Passage
- Ein Glück, dass ich den (infamen!) Vergleich mit Das letzte Gefecht erst entdeckt habe, nachdem ich The Passage gelesen hatte. Cronins Mammutwerk – Auftakt einer Trilogie, die 2012 und 2014 ihre Fortsetzungen finden wird – lässt Kings Apokalypseroman schon nach den ersten 50 Seiten im Staub zurück. Furiose Darstellung des Überlebenskampf der letzten Menschen nach einer Katastrophe; nach einem Drittel scheint ein völlig neuer Roman zu beginnen und erst gegen Ende findet alles zusammen. Noch ist längst nicht alles geklärt, aber trotz der Länge des Buches freue ich mich jetzt schon darauf, ihn vor dem Erscheinen von Band 2, The Twelve, wiederzuentdecken. Die Verfilmung ist schon geplant – entweder eine Megaenttäuschung oder ein Highlight am Kinohimmel.
- Februar
- Buchtipp: Ninni Holmqvist, Die Entbehrlichen (The Unit)
- Ich kann zwar nur für die Übersetzung ins Englische sprechen (bei der deutschen bin ich etwas skeptisch, da es nicht einmal gelang, den schwedischen Originaltitel wie im Englischen wörtlich zu übersetzen), doch die war mitreißend geschrieben. Es soll nicht zu viel verraten werden, aber man muss Romane à la Schöne neue Welt oder 1984 mögen, um an dieser Anti-Utopie Gefallen zu finden, die einen ständig dazu zwingt, mit den Entscheidungen der Ich-Erzählerin klarzukommen, die in einem grausam-plausiblen Schluss münden. Grobe Handlung: In einer Welt, in der Menschen, die keine Kinder gezeugt haben, ab dem 50. Lebensjahr als entbehrlich gelten, bleibt ihnen nur ein Ort: die "Abteilung", wo man doch noch Verwendung für sie findet …
- Filmtipp Kino: Black Swan
- Ein Ballettfilm? Weit gefehlt! Stattdessen ein Psychothriller der Extraklasse und locker einer der schlichtweg besten Filme, die ich seit einigen Jahren gesehen habe. Ich habe dem Film eine Chance gegeben, weil ich den Regisseur Darren Aronofsky bewundere – und war 100 Minuten wie in den Kinosessel genagelt vor Spannung und Faszination. Wenn es einem Film gelingt, dass ich meine in der Luft schwebende Hand vergesse, die gerade nach dem Popcorn greifen wollte, dass ich ohne Rücksicht auf Nachbarn einen Fiepser der Überraschung loslasse oder dass ich eine Ganzkörpergänsehaut bekomme (bei jener Szene, die – wie ich mittlerweile erfahren habe – sogar mit dem mir vorher unbekannten "Unforgettable Moment Award" ausgezeichnet wurde), hat es verdient, dass ich ihn aus ganzem Herzen weiterempfehle. Eine Warnung sei dennoch angebracht: Zimperliche oder prüde Menschen sollten die Finger von Black Swan lassen. Aber er ist nicht umsonst für 5 Oscars nominiert – und zumindest Natalie Portman muss den einfach gewinnen!
- Filmtipp DVD: Frozen
- Eine Art "Open Water" für Skifahrer: Drei Jugendliche bleiben unbemerkt in einem Skilift hängen. Wie es dazu kommt ist hanebüchen, trotzdem fand ich dieses fiese Filmchen echt sehenswert. Aber um Himmels willen auf Englisch (mit Untertiteln) schauen, denn die Synchronisation ist eine Beleidigung für die Ohren - seit Jahren das prägnanteste Argument dafür, endlich auch in Deutschland auf Untertitel umzusteigen.