Der Turm: Rezension

Version vom 15. April 2008, 19:48 Uhr von Andreas (Diskussion | Beiträge) (ein intro reicht doch, oder?)


Version vom 15. April 2008, 19:48 Uhr von Andreas (Diskussion | Beiträge) (ein intro reicht doch, oder?)


Vorhandene Rezensionen
Romane
Kurzgeschichten
Hörbücher
Filme
Expertenrezensionen
Zum Portal
Rezension schreiben
  1. Gehe in der oberen Leiste auf Bearbeiten
  2. Trage deinen Benutzernamen in eine Überschrift
  3. Füge in (Klammern) eine Wertung von 0 (sehr schlecht) bis 5 (genial!) ein
  4. Schreibe deine Meinung!
==Benutzername (? / 5)==
deine Meinung

Viel Spaß!

Tiberius (5 / 5)

King setzt hier ein Ende. Eines, welches solange erwartet wurde. Eines, das es wohl beinahe nie gegeben hätte. Ein Ende, vor dem ich mich ein wenig gefürchtet habe. Was soll nun passieren. Kommt Roland zum Turm und wenn ja, wie und mit wem? Wer darf sich unter den glücklichen schätzen, wer stirbt noch zuvor. Schon in den einleitenden Zitaten entdecken wir eine Grundstimmung, die mich nie glücklich gemacht hat. Es ist vor allem das Zitat aus Hurt, dem Lied von den Nine Inch Nails, welches uns mit auf den letzten Weg gegeben wird, welches vor allem dem Ka-Tet auf den Weg gegeben wird.

Wieder beginnt King ohne groß einzuleiten oder aufzuwärmen. Jake Chambers und Pere Callahan sind dabei, Susannah Dean zu retten, die zusammen mit Mia Mordred auf die Welt bringen soll. Sie befinden sich inmitten von New York City, eine Stadt, die beide nur zur Genüge kennen. Callahan kennt vor allem auch die Vampire, gegen die sie jetzt im Dixie Pig kämpfen müssen. Und er erkennt, dass sein Weg zuerst enden muss. Es ist ein heroisches Ende. Er hat seinen Glauben wiedergefunden. Er ist wieder mutig geworden, gegen Niedere Männer oder Vampire entschlossen und mit der Kraft seines Herren aufzutreten. Ein Happyend in meinen Augen.

Roland gibt uns einen entscheidenen Hinweis und erklärt die Geschwindigkeit:

   
Der Turm: Rezension
Alles entscheidet sich fast gleichzeitig, Eddie.
   
Der Turm: Rezension

und er hat Recht. Beinahe alles wird in wenigen Stunden entschieden. Und dann? Stephen King schickt uns wieder - nur wenig ruhiger - nach Mittwelt, um genau zu sein, nach Donnerschlag. Sie haben eine Aufgabe zu erledigen, die uns an Jack Sawyers in Das Schwarze Haus erinnert. Sie müssen die Brecher aus dem Algul Siento aufhalten. Ob sie sie befreien können, ist die Kür, das Aufhalten der Zerstörung der Balken die absolute Pflicht. Auch wenn King sich die Zeit nimmt, mehrere Charaktere neu einzuführen und alte Bekannte herzlich zu begrüßen, so merkt man, dass das Ka-tet nicht mehr viel Zeit hat. So geht beinahe der Tod eines geliebten Charakters ein wenig unter. Eddie Dean stirbt, weil er nachlässig war. Er stirbt durch einen einzelnen Schuss und reißt uns aus der Hoffnung auf ein wirkliches Happy End. Es ist tragisch, weil nicht die nötige Zeit bleibt, um uns von ihm zu verabschieden. Aber wie viel wäre angemessen? Es ist tragisch, aber in meinen Augen in Ordnung.

Es bleibt nun nicht mehr viel Zeit. King drückt zum wiederholten Mal auf die Tube. King, Jake und Oy kehren in unsere Welt zurück, weil sie King retten müssen. Endlich erfahren wir von der wahren Bedeutung von 19 und 99. Es ist der 19. Juni 1999, der Tag an dem King seinen verheerenden Autounfall hat. Er verarbeitet ihn in seinem Zyklus. Viele haben ihn dafür kritisiert. Wie könne sich ein Autor in seine eigenen Bücher schreiben? Gegenfrage: Wer sollte es ihm verbieten? Er verbindet schon in Susannah so die Geschichte mit der Realität, er verwebt seine eigene Historie, sein Erlebnis während der Zeit des Unfalls mit der fiktiven Welt von Roland und dessen Ka-Tet. Doch der Unfall scheint nicht das Wichtigste zu sein. Um King zu retten, opfert sich Jake. Ein zweites Mal stirbt er, um seinem wirklichen Vater zu helfen, sein Ziel zu erreichen, um allen Welten zu helfen, zu überleben. Roland wird für mich hier zu einem wirklichen Menschen. Er ist traurig, er ist wütend auf King, denn nur durch dessen Nachlässigkeit musste Jake sterben. Sie hätten alle bereits den Turm erreichen können, wenn King sich nicht vor eigenen Dämonen gefürchtet hätte.

Doch wie auch Roland, müssen wir weiterziehen, Jake hinter uns lassen und wieder zurück zu der lebendigen Susannah. Es folgt eine Art Einschub. Roland besucht den Hammarskjöld Plaza Nr. 2, der Zentrale der Tet Corporation, die damals aus Eddie Deans Idee entstand, das Unbebaute Grundstück in der Turtle Bay vor Enrico Balazar und der Sombra Corpoation zu retten. Was entstand, ist ein hochprofitabler Konzern. Wiedereinmal zeigt sich das Beschaffenheit von Ka. Roland bekommt das Kreuz von Talitha Unwin wieder. Er erhält eine Ausgabe des Romans Schlaflos, in dem er von einem noch immens wichtigen Charakter lesen könnte. Patrick Danville wird ebenfalls noch Einzug in den letzten Teil erhalten.

Patrick Danville, da bin ich mir heute noch sicher, hat hier und in Schlaflos nicht seinen letzten Auftritt. Da ist das Versprechen Kings, er müsse noch zwei Männer retten. Da ist noch eine scheinbar offene Rechnung verschiedener Anwohner von Derry mit einem Clown, der doch noch lebendig zu sein scheint.

Doch bereits vorher zeigt sich Danvilles Talent. Seine Bilder werden auf magische Art real. So kann er einen weiteren Charakter verabschieden. Susannah Dean geht durch eine Magische Tür, bleibt aber lebendig. Auf den lauten Auftritt als wir ihr zuerst begegnen, folgt der wohl traurigste Abschied eines der wichtigen Charaktere aus dem Zyklus. Ich muss zugeben, hier hat mich am meisten die Szene mit Oy berührt. Er hätte gehen können. Dennoch ist er genauso Teil des Ka-Tet und bleibt bei Roland. Auch wenn ein Bleiben noch nie gesund für die Beteiligten war.

Und wieder zeigt sich Ka als Rad. Susannah begegnet zwei Brüdern in einem uns unbekannten New York City. Sie beginnt zu vergessen, ein sehr schönes Happy End, sie beginnt sich dennoch zu diesen beiden jungen Männern, die Eddie und Jake so ähnlich sehen, hingezogen zu fühlen. Danke, Stephen King! Für dieses Feingefühl, für diese warmen Worte.

Doch wie wir bereits aus Schwarz wissen, kann Roland nicht so einfach zum Turm. Er muss sich allen großen Schergen des Roten stellen. Dachte man noch, Randall Flagg wäre derjenige welche, ist es Mordred. Er tötet Flagg - scheinbar mühelos - und tritt seinem Vater gegenüber. Über den Tod Flaggs kann man sich sehr auslassen. Er stirbt gnadenlos und schnell. Er hat sich selbst gnadenlos überschätzt und bezahlt den Preis. Für mich hat er es absolut verdient, auch wenn seine Taten letztendlich nur dafür gesorgt haben, dass Roland immer unbedingt den Turm erreichen wollte. Hätte er einen anderen, generell ausführlicheren Tod verdient? Nein, denn King hat sich auch bei Eddie und Jake nicht länger als nötig aufgehalten. Alles passiert beinahe gleichzeitig, und so sind wir nun bei Mordred. Einem anderen Charakter, der sich überschätzt. Der sehr wütend ist auf seinen Vater, der ihn unbedingt töten will, und für den es dennoch nicht gerade rosig läuft. Seine beiden Körperformen machen ihm Probleme. Er hat sich an Lippy, einem alten Gaul, vergiftet und ist alles andere als der strahlende Held der Roten. Doch wenigstens Roland muss er noch umbringen. In einer Verzeiflungstat greift er Patrick, Oy und den schlafenden Roland an.

Er hätte gewonnen, wenn Oy nicht dagewesen wäre. Es ist merkwürdig, aber als Oy sich opfert, weiß man sofort, dass Patrick die gesamte Geschichte überleben wird. Es ist dieses endgültige im Tod des kleinen Billy-Bumbler. Er hat riesiges geleistet. Er hat mehrfach die Mitglieder des Ka-Tets gerettet, zuletzt seinen Dinh und so geht auch er von der Bühne der Dark-Tower-Saga. Wie so viele mit geschlossenen Augen.

Und nun sind wir im finalen Akt. Roland Deschain steht mit Patrick Danville am Rand des Rosenfeldes. Die Rosen erkennen den aus der Linie des Eld und singen ihm. Ein gefährliches Lied, denn er muss noch den Scharlachroten König überwinden. Ein Verrückter, ein lauter, gefährlicher Wahnsinniger, der - wenn er schon nicht in den Turm kann - verhindern will, dass es auch andere können. In seinem Wahnsinn hat er sich selbst auf einem Balkon am Turm verschanzt.

Wir erkennen schnell den Sinn hinter Patrick Danville. Er kann nämlich nicht nur zeichnen, sondern auch ausradieren. Eine Waffe, die besser ist als jede Zielgenauigkeit des Revolvermanns. Er ist also zum wiederholten Male abhängig von jemanden anderen. Und schon wieder wird ihm geholfen. Doch Patrick bezahlt es nicht mit seinem Leben. Er ist kein Opfer, dennoch schickt ihn Roland weg, als er letztlich allein vor dem Dunklen Turm steht und ihn schließlich erreicht.

Hier könnte es zu Ende sein. King weißt uns darauf hin, dass er noch weiter geschrieben hat, es aber eindeutig auf eigene Gefahr besteht. Wer weiterliest, weiß auch warum. King hat sich hier etwas geleistet, was schon zu Beginn des Romand angedeutet wurde, was schon so häufig von Roland und Randall Flagg suggeriert wurde. Dieser ganze Weg von der Mohainewüste bis zum Dunklen Turm, diese ganze Wandlung von Roland von diesem eiskalten Revolvermann zum Soldaten des Weißen, geschieht nicht zum Ersten Mal. Der Turm ist vielmehr Symbol für seine eigene Vergangenheit von der Wiege, über die Schlacht vom Jericho Hill, bis hin zu dem Moment, wo er jetzt wieder gestoßen wird, dem Moment, der zu allererst in Schwarz' beschrieben wurde, dem Moment der Wiederaufnahme.

Wow, was soll man zu diesem letzten Teil sagen? Sicherlich ist es nicht die feine Art, Charaktere zu verarbeiten, die wir über Jahre begleitet haben. Dennoch gibt es für Rolands zweites Ka-Tet ein Weiterleben. Es mag nicht das Ende sein, mit dem jeder gerechnet hat. Es mag kein Ende sein, welches jeder gutheißt. Ich jedoch schon. Wie sonst, frage ich an dieser Stelle, soll man das Ende sonst schreiben. Was hätte Roland oder seine Begleiter tun sollen? Sie können nicht über Mittwelt herrschen, wie Aragorn über Mittelerde. Sie können keine Jedi-Schule aufmachen und weiterhin gegen das böse Imperium kämpfen, wie Luke, Leja und Han Solo in Star Wars. Nein, Roland war von Anfang an allein, er kann auch nur von allein wieder beginnen. Er muss sich noch weiter ändern, er muss noch weiter sich von der unnahbaren Tötungsmaschine verabschieden, er muss das Wesen von Khef, Ka und Ka-Tet noch weiter verinnerlichen. Vielleicht in diesem Durchgang, vielleicht muss sich das Rad namens Ka, aber noch mehrere Male drehen.

Croaton (5 / 5)

Es ist wohl unmöglich, ein Buch der Ausmaße von Der Turm zu schreiben, ohne dass nicht jeder Leser irgendetwas findet, was ihn stört. Ich zum Beispiel könnte mich lang und breit auslassen über das in meinen Augen komplett überflüssige und nur zum Kopfschütteln einladende Kapitel "Das Schloss des Scharlachroten Königs". Fummeldings und Fammelfim oder wie heißen die wieder? Meine Güte ...

Aber der Rest ist schlicht phantastisch. Wenn man Der Turm fertig hat, hat man das Gefühl, gleich mehrere Bücher gelesen zu haben ... rückblickend wirkt es etwa kaum möglich, dass Pere Callahans Tod diesen Roman einleitet, so viel ist seitdem passiert, dass dies unwirklich scheint. Es ist ein Buch voller magischer Momente, ein Buch voller Kämpfe und voller Verluste (man mag mich schimpfen, aber der tragischste Tod ist für mich der von Oy; musste das wirklich sein, Sai King?). Man kann gar nicht alles aufzählen, was hier auf einen einströmt.

Was den Abschluss der Saga für mich zu einem 5-Punkte-Roman macht, ist der Schluss, die Koda. Was Roland im Dunklen Turm findet und was mit ihm passiert, als er die Spitze erreicht, ist für mich der gewaltigste King-Moment schlechthin. Erst später habe ich erfahren, dass viele Leser darauf unstimmig reagierten, gar verärgert. Ich hatte sofort eine Ganzkörpergänsehaut und dachte nur: G-E-N-I-A-L! So ging es mir auch beim zweiten und dritten Mal.

Fazit: Unglaublicher Abschluss einer Saga voller Höhen und Tiefen. Besser hätte King es kaum zu Ende bringen können.