Atemtechnik: Rezension
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Croaton (5 / 5)
Immer wieder schwanke ich: Ist nun Langoliers oder doch Atemtechnik die für mich beste Novelle Stephen Kings ...?
Atemtechnik ist – kleines Wortspiel – in der Tat Atem beraubend, ein zweigeteiltes Werk, das mich in beiden Abschnitten voll überzeugt. Anfangs geht es eigentlich nur um den "Club" – wie King diesen und die gleichzeitig gruselige wie heimliche Atmosphäre dort beschreibt, kann mich immer wieder begeistern; die kleinen aber feinen Andeutungen, dass etwas damit nicht stimmt (siehe z.B. Edward Gray Seville) und dass Butler Stevens mehr ist, als er vorgibt, bereiten den Weg für die dort erzählten Gruselgeschichten.
Die kurz gefassten oder auch nur angedeuteten Storys sind schon brillant genug, teils gar unvergesslich, doch dann kommt Emlyn McCarrons Titel gebender Weihnachtsbeitrag Atemtechnik. Dies dann ist der zweite Teil – und niemand kann je vergessen, was an jenem Weihnachtsabend mit der hochschwangeren Sandra Stansfield geschah, die sich noch in äußerster Not auf die Atemtechnik besann, um das Leben ihres ungeborenen Kindes zu retten.
Trotz der schwächeren Geschichte Der Mann, der niemandem die Hand geben wollte, die ebenfalls im Club spielt, hoffe ich, dass King diesen Ort nicht vergessen hat und sich vielleicht doch dazu durchringen kann, eine weitere Story dort anzusiedeln – und vielleicht zu erklären, was es mit diesem Seville auf sich hat!
Fazit: Die einzige echte Gruselmär der Sammlung Frühling, Sommer, Herbst und Tod ist für mich die beste der vier Novellen und kann mich immer wieder in ihren Bann ziehen.
Mr. Dodd (4 / 5)
Diese Novelle gefiel mir gut. Zunächst erhält man ein wunderbares Bild von dem "Club", der sehr einladend und nett wirkt, aber gleichzeitig auch düster und unheimlich. So tauchen Autoren und Verlage auf, die es gar nicht geben kann und der Butler Stevens wirkt auch nicht ganz geheuer.
Die eigentliche Geschichte ist eine starke Erzählung, wo Horror und Dramatik perfekt vermischt werden. Eine der einprägsamsten Szenen wird wohl für immer sein, wie die kopflose Sandra Stansfield dennoch versucht durch die "Atemtechnik" ihr Kind zur Welt zu bekommen. Diese Szene ist zugleich traurig und unheimlich.
Ich vergebe dennoch keine 5 Punkte, denn der Anfang ist dann doch ein Stück zu lang und mit den ominösen Andeutungen des Butlers am Ende konnte ich auch nichts groß anfangen.
Horaz Klotz (3 / 5)
Atemtechnik ist ein Stück weit der Außenseiter der Jahreszeiten-Sammlung. Pin Up und Die Leiche sind - besonders wegen den Verfilmungen - echte King-Klassiker, die mit Freiheit, Hoffnung und Unschuld große, zeitlose Motive behandeln. Der Musterschüler ist schon eine deutlich persönlichere Geschichte, wagt sich aber auch an einige große Themen und wichtige Fragen. Atemtechnik ist dagegen ganz persönliche Lebensgeschichte, erzählt im seltsam urigen Club 249. Die großen Fragen, die den Band bisher geprägt haben, werden hier auf ein Einzelschicksal heruntergebrochen. Das funktioniert zum Glück immer noch ziemlich gut. Größtenteils.
Die eigentliche Atemtechnik-Geschichte lebt dann zu in erster Linie aus der rührende Hilfsbereitschaft mit der Frauenarzt McCarron sich um seine Patientin kümmert. Mit der schwangeren Sandra Stansfield zeichnet King mal wieder ein nett einfühlsames Bild einer einsamen Alltagsheldin, die sich ganz allein in der großen Welt durchschlägt. Hier ist unser Autor ganz in seinem Element und schafft es binnen weniger Absätze einen so komplexen wie sympathischen Charakter zu entwickeln. Dass er sie dann ein paar Seiten weiter in ein so dramatisches Ende schlittern lässt, zeigt wie grausam konsequent er sein kann. - Stansfield, die allen Widrigkeiten des Lebens trotzt, lässt sich auch von ihrem plötzlichen Tod nicht von ihrer Geburtstechnik ablenken.
Der Weg zu diesem dramatischen Finale ist leider etwas sehr umständlich. In der ersten Hälfte scheint es King tatsächlich mehr darum gegangen zu sein, Club 249 als eigene mystische Welt vorzustellen. Dabei ist die Idee eines Herrenclubs, in dem man sich Geschichten erzählt, eigentlich ein ziemlich nettes Konzept - so ein bisschen Gruselgeschichten-Lagerfeuer-Atmosphäre für Erwachsene. Auch die kleinen Ungereimtheiten und bizarren Andeutungen die King in den Club einstreut funktionieren ganz gut, besonders weil er es schafft genau die richtigen Fragen offen zu halten. Wie weit erstreckt sich das Club-Haus wirklich? Woher kommen die geheimnisvollen Bücher, die man sonst nirgendwo findet - hat vielleicht ein Club-Mitglied Zugang zur Ur-Bibliothek? Und was ist das Geheimnis des Butlers?
Das sind so spannende Fragen, dass es mich jedes Mal ein bisschen aus dem Lesefluss reißt, wenn wir wieder in den Alltag der Adleys eintauchen. Deren ehelichen Kabbeleien tragen - besonders im Vergleich zur tiefen Verbindung zwischen McCarron und seiner Patientin - nicht wirklich viel zur Handlung bei und die ärgerlichen Übersetzungsprobleme (Ich sage nur "Oink, oink") tun ihr übriges. Beim ersten Mal ist das ganz nettes Vorgeplänkel bevor die richtige Handlung einsetzt, aber spätestens beim zweiten Lesen habe ich mich dabei ertappt vorzublättern, bis wir endlich in den Club zurückkehren.
Fazit: Ein bisschen weniger Rahmenhandlung hätte es auch getan. Trotzdem - eine nette kleine Geschichte, die sich nicht hinter den anderen Jahreszeiten-Storys zu verstecken braucht.
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