Im Kabinett des Todes: Rezension
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Croaton (4 / 5)
Stephen Kings Kurzgeschichte Im Kabinett des Todes zeigt einmal mehr Kings Unvorhersehbarkeit. Wer hätte gedacht, dass es Fletcher in der Tat gelingt, sich aus diesem Schlamassel zu befreien? King konzentriert sich aufs Wesentliche, verliert sich nicht in politischen Betrachtungen (schließlich geht es ja um einen Rebellen, der sich gegen das Regime auflehnen will) und lässt auch völlig offen, wie es Fletcher gelingt, nach seiner Flucht aus dem Todesraum bis nach New York zu gelangen ... Wir wissen nur, dass er dafür einen Monat braucht und viel erleiden muss, da er danach völlig ausgemergelt ist.
Die Szene mit der Zigarette (siehe auch Fehler und Ungereimtheiten) ist befremdlich, dafür ist der mit kindlicher Freude agierende Folterer Heinz umso gruseliger ...
Cujo (3 / 5)
Der Titel weckt Assoziationen (etwa an Edgar Allen Poes "The pit and the pendulum"), mit denen die Geschichte in ihrer modernen Konkretheit und auch in der unüblich plumpen Lösung der Misère des Protagonisten nicht mithalten kann. Wäre da nicht Kings Nachwort, dass es ihm einfach mal ein Anliegen war, ein häufiger benützte Ausgangslage im nicht üblichen Sinn zu bearbeiten, man wäre gar etwas enttäuscht. Aber so, typisch für den Meister: ein kleiner literarischer Scherz.
Und dann natürlich diese köstlichen Details: Etwa, dass die namenlose perfekt englisch sprechende Folter-Lady an Frankensteins Braut erinnert, dass der üble Folterer ein Teutonen-Abkömmling namens Heinz ist und dass der Wachhund der Folterbande das ganze Abenteuer verschläft. Hier liegt der Spass in den Details.
Horaz Klotz (2 / 5)
Ich gebe zu, ich hatte mir unter dem Titel etwas ziemlich anderes vorgestellt. Bei Kabinett des Todes dachte ich direkt an Spuk im Wachsfigurenkabinett oder einen Vampir im Spiegelkabinett (Das wäre doch mal eine Idee für eine Kurzgeschichte!). Irgendein übernatürliches Monster jedenfalls, das dem Protagonist das Leben schwer macht. Also eine der Geschichten, mit denen ich gewöhnlich nicht allzu viel anfangen kann. Damit war das grund-realistische Setting erstmal eine willkommene Überraschung. Ein gefangener Rebell, ein Folterknecht und der Informationsminister persönlich. Das versprach Kammerspielspannung mit hohem Einsatz. Schade, dass es nicht so weiterging und der Autor die bedrückend klaustrophobische Ausgangslage mit einer schnell heruntererzählten und offenbar nicht ganz ernst gemeinten Actionszene auflöst.
Denn - literarisches Augenzwinkern hin oder her - wenn der Zigarettenrauch sich verzogen hat bleibt eine ziemlich typische "Der Held entkommt ungeschoren"-Story. Wenn man erstmal begriffen hat, dass Fletcher ein ziemlich unverwundbarer Actionheld ist, ist sein Ausbruch aus der Folterkammer auch nicht mehr spannender als James Bonds Flucht vom Todeslasertisch. Außerdem passen die Rahmenbedingungen für mich nicht wirklich zur Geschichte, die King erzählen will. Wären die Folterer Rebellen, die ihr Opfer in einem improvisierten Gefängnis bearbeiten, wäre die Flucht gerade noch möglich - aber dass Fletcher mal so schnell aus einem gesicherten Informationsministerium türmt, ist etwas viel des Guten. King hat im Lauf seiner Karriere so viele so viel überzeugendere Fluchtszenarien entworfen - Sheldon der in Misery versucht seiner Entführerin zu entkommen, Richards der sich in Menschenjagd mit allen Tricks seinen Häschern entziehen muss - dass man einfach merkt, wie einfach er es sich hier macht. Während die früheren Protagonisten Pläne schmieden und immer wieder Rückschläge in Kauf nehmen mussten, erkämpft sich Fletcher mit einer einzelnen brennenden Zigarette seinen Weg zurück nach New York.
Trotz dieser erstaunlichen Leistung blieb der Protagonist für mich leider ziemlich blass. Wir erfahren dass er Reporter ist, dass er irgendwie gegen das nicht weiter ausgeführte System arbeitet und ab und zu in einem Lieblingscafé sitzt, aus dem man ihn gut entführen kann. In der Verhörsituation bleibt der dann geradezu unmenschlich cool, durchschaut die Bluffs der professionellen Folterer sofort und ist geistesgegenwärtig genug sich einen netten Spitznamen für seine Kidnapperin einfallen zu lassen bevor er seine spektakuläre Flucht antritt. Alles in allem kein besonders greifbarer oder nachvollziehbarer Protagonist.
Die Schurken sind hier zumindest ein bisschen besser aufgestellt. Während Frankensteins Braut und der Wachposten recht farblos bleiben, fand ich immerhin Folterknecht Heinz ganz gelungen. Mit seiner geradezu kindlichen Faszination für Folter und Tod erinnert er mich ein bisschen an eine erwachsene Version des Musterschülers, der sein spezielles Hobby zum Beruf machen konnte. Sein ironischer Tod ist dann auch die eine Stelle, die mir am meisten in Erinnerung geblieben ist. Klar - es ist fast schon ein bisschen zu simpel den Folterer mit seinem eigenen Werkzeug auszuschalten, aber hier gelingt es trotzdem ganz gut.
Fazit: Ein bisschen weniger James Bond-Action und ein bisschen mehr Charakterzeichnung hätten der Geschichte ganz gut getan. Für mich leider ein Fall für die Kategorie "einmal lesen reicht".
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