Der Outsider: Rezension
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Croaton (4 / 5)
Da diese Rezension noch vor der deutschen Übersetzung von Stephen Kings Roman Der Outsider erscheint, soll ausdrücklich vor Spoilern gewarnt werden, auch das Ende wird verraten!
Stark trifft auf Desperation, so lässt sich der Roman wohl grob zusammenfassen. Die ersten 70 Prozent sind glatte 5 Punkte wert. Das Szenario, das King hier entwirft, ist - auch wenn es wie gesagt sehr an die Ausgangslage aus Stark erinnert - faszinierend: DNS-Spuren und Fingerabdrücke zeigen eindeutig, dass Terry Maitland ein Mörder sein muss, doch hat der ein wasserdichtes, unanfechtbares Alibi, sogar Filmaufnahmen liegen vor.
So, wie King den Fall darstellt, ist nach kurzer Zeit klar, dass es nur eine übersinnliche Aufklärung geben kann, womit ich kein Problem habe - das war ja schon bei Stark mehr als gelungen. Leider aber wird der Titel gebende Außenseiter als Kinderschreck und im Zusammenhang mit einer lächerlichen Filmreihe eingeführt, was ihm sogleich jeglichen Schrecken nimmt, den King ihm auch nicht wiedergeben kann ... in Sachen Bedrohlichkeit kann der Außenseiter George Stark zu keinem Zeitpunkt das Wasser reichen. Dem Gestaltwandler Tak aus Desperation schon gar nicht. Auch hätte es nicht sein müssen, dass Holly Gibney einmal mehr eher unmotiviert zum Zentrum der Handlung wird (wie ich das schon bei Mr. Mercedes kritisiert hatte); ich hätte sie in Der Outsider nicht gebraucht; mit ihr erhält viel Unfug Einzug in den Roman. Zudem wird die Handlung von Mind Control noch einmal aufgewärmt, was für den Outsider belanglos ist.
Das Buch flacht immer bedrohlicher ab, vor allem, weil die "Gesetzmäßigkeiten" rund um dieses böse Wesen eher unausgegoren sind, dann aber verheißt der Handlungsort der finalen Auseinandersetzung - eine Tropfsteinhöhle à la China-Mine aus Desperation - Hoffnung auf einen gelungenen Showdown. Doch was für eine Antiklimax: Enden waren ja noch nie Kings Stärke, doch dass dem Meister tatsächlich nichts anderes einfällt, als die Konfrontation am Ende von Mr. Mercedes eins zu eins zu kopieren (Holly vs. Brady Hartsfield = Holly vs. der Außenseiter), ist mein größter Kritikpunkt am Roman.
Und dann ist da noch Ralph Anderson. Natürlich denkt jeder Fan sofort an den kleinen Jungen aus Der Sturm des Jahrhunderts, und so wartet man auf den Zusammenhang ... der nie kommt. Kein Wort über diese Namensgleichheit, sodass ich mich fragen muss, warum King seinem Hauptdarsteller diesen Namen gab.
So enttäuscht war ich am Ende wegen all dem, dass ich spontan 3 Punkte geben wollte. Doch da war auch die anfängliche, lange anhaltende Spannung, da ist ein liebenswert-sympathisches Ka-Tet (der Begriff fällt nicht), das sich dem Feind entgegenstellt, also doch eher 4? Letztlich bemühte ich die einfache Mathematik: Wenn 70 Prozent 5 Punkte wert sind, die restlichen 30 nur noch 3, ergibt sich immer noch ein Schnitt von 4. Das klingt jetzt zu gut für die insgesamt eher negativ daherkommende Kritik - aber bei King wünscht man sich eben Perfektion, das kann ich nicht attestieren. Ein starker Roman ist es jedoch allemal geworden.
Fazit: Ein Buch, dem zunehmend die Luft ausgeht, das aber in den ersten drei Vierteln so starke Passagen und ein so stimmiges Ensemble aufweisen kann, dass ich mir noch versöhnliche 4 Punkte abringen kann.
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