Die letzte Sprosse: Inhaltsangabe
Inhaltsangabe zu Die letzte Sprosse
Stephen Kings Kurzgeschichte Die letzte Sprosse ist in der Sammlung Nachtschicht zu finden.
Anmerkung: Die Zwischenüberschriften dienen nur der Orientierung des Lesers und sind nicht von King intendiert.
Larry erhält einen Brief
Ich-Erzähler Larry war mit seinem Vater unterwegs und ist erst von Los Angeles zurückgekommen, als er einen Brief von seiner Schwester Katrina (genannt Kitty) erhält. Es ist ein sehr kurzer Brief, der nur aus einem Satz besteht, doch er trifft Larry bis ins Mark. Er beschließt, seinem herzkranken Vater nichts davon zu erzählen, doch dieser Kurzbrief bringt unweigerlich die Erinnerungen an seine Kindheit und vor allem an jenen Samstag im November zurück ...
Das Spiel in der Scheune
Larrys Familie wohnte auf einem Bauernhof in der Nähe von Omaha auf; seine Mutter starb früh, sodass der Vater mehr schlecht als recht über die Runden kam. Der Vater ist nicht da, als seine Kinder ein beliebtes, aber freilich verbotenes Spiel spielen: In der Scheune ist eine zwanzig Meter hohe Leiter (sie hat genau 43 Sprossen; der Mauervorsprung in der gleichnamigen Geschichte, die sich auch um Höhenangst dreht, befindet sich im 43. Stock), die zu einem Balken führt, der wiederum über einen sieben Meter tiefen Heuhaufen ragt. Das Spiel ist Nervenkitzel pur: Hochklettern, über den Balken balancieren, in die Tiefe springen und sicher im Heuhaufen landen.
Das Problem ist die Leiter: Sie ist schon recht brüchig; der Vater weiß dies, kommt aber einfach nicht dazu, sie zu reparieren. Aber Larry ist 10, Kitty 8, die Sprossen können ihr Gewicht leicht tragen. Oder?
Larry macht wie meistens den Anfang, seine (von ihm innig geliebte) Schwester Kitty folgt ihm auf dem Fuße. So geht es etwa zwölf Mal weiter – die beiden können gar nicht genug bekommen. Doch halt: Spürte Larry da nicht eben, wie eine Sprosse etwas nachgab? Aber er ist schon zu hoch, schafft es auf den Balken und springt. Aber er sollte Kitty warnen: Für heute ist es genug.
Der Unfall
Kitty aber ist schon flink unterwegs und tut die Warnrufe ihres Bruders ab: Die Leiter hat sie schon die ganze Zeit ausgehalten, also wird sie kaum jetzt ... In diesem Moment bricht eine Sprosse in über 16 Metern Höhe, der untere Teil der Leiter kippt um, und Kitty hängt schreiend an der letzten Sprosse.
Larry, der immer schon einen beruhigenden Einfluss auf Kitty hatte, mahnt sie, ruhig zu bleiben, sodass Kitty sofort aufhört zu strampeln. Larry hat zwar mehr Angst als je zuvor in seinem Leben, aber er zwingt sich zur Ruhe und tut das Einzige, was ihm einfällt: Er packt sich Armvoll nach Armvoll Heu und wirft es auf den Boden unter seine baumelnde Schwester. Wie in Trance geht er immer wieder hin und her, baut allmählich einen kleinen, viel zu kleinen Heuhaufen auf. So absurd klein, dass Larry an die Zeichentricksendungen denken muss, wo jemand aus Schwindel erregender Höhe in ein Wasserglas springt.
Es dauert jedoch nicht lang, bis seine Schwester sich einfach nicht mehr halten kann. Larry bleibt ruhig und befiehlt ihr, jetzt loszulassen. Augenblicklich gehorcht Kitty und saust herab – es sind die längsten Sekundenbruchteile in Larrys Leben.
Zwar trifft Kitty genau die Mitte des Behelfshaufens, doch ihr Aufprall am Scheunenboden ist ohrenbetäubend. Larry ist überzeugt, dass seine Schwester den Sturz nicht überlebt haben kann. Doch es ist wie ein Wunder: Sie hat sich lediglich den linken Knöchel gebrochen.
Auch der behandelnde Arzt, Dr. Pederson, der sogar vorbeikommt, um den "Tatort" zu besichtigen, kann Kittys Überleben nur mit dem Wort Wunder beschreiben. Larrys Vater ist natürlich froh über Kittys Glück im Unglück – doch er verpasst Larry für die Tatsache, dass er seine Schwester überhaupt auf diese Leiter gelassen hatte, die Tracht Prügel seines Lebens. Larry beschwert sich keine Sekunde, sicher, dass er die Strafe verdient.
Später, am Abend, spricht Larry mit Kitty, die ihn dafür bewundert, dass er so geistesgegenwärtig Heu hergeschafft habe. Larry ist völlig überrumpelt, als sie ihm sagt, dass sie die ganze Zeit, als sie da hing, keine Ahnung hatte, was er da unten trieb und dennoch voller Vertrauen auf ihren großen Bruder losließ, als er es ihr befahl.
Kitty bekommt einen Gips, die Leiter wird ausgewechselt – keiner von beiden springt je mehr in den Heuhaufen.
Kittys letzter Brief
Wieder in der Gegenwart berichtet Larry vom Tod seiner Schwester. Vor neun Tagen hat sie Selbstmord begangen: Sie ist von einem Hochhaus gesprungen. Am Ende war sie ein Callgirl.
Im Rückblick wirkt Kittys Leben wie ein "schäbiger Witz", wie Larry meint: Zur Schönheitskönigin gekürt heiratet sie einen der Juroren, wird bald geschieden, heiratet erneut, erlebt erneut das Scheitern der Ehe.
Das Schrecklichste: Immer wieder schreibt sie Larry, ob sie sich nicht vielleicht einmal wieder sehen könnten. Doch Larry, der Rechtswissenschaften studiert und mittlerweile zu den besten seines Fachs gehört, findet einfach nicht die Zeit dazu. Es kommt soweit, dass es nur noch zu Weihnachten und Geburtstagen kurze Postkarten gibt – als Larry umzieht, vergisst er sogar, seiner Schwester die neue Adresse zukommen zu lassen, weshalb ihn Kittys letzter Brief auch erst auf Umwegen erreichte. Larry kann nicht aufhören, darüber nachzudenken, dass sie vielleicht auf eine Antwort wartete und sich das Leben nahm, weil keine kam.
Ihr Brief ist schrecklich kurz:
Lieber Larry, ich habe in letzter Zeit sehr viel nachgedacht ... und ich glaube jetzt, dass es besser für mich gewesen wäre, wenn die letzte Sprosse abgerissen wäre, bevor du das Heu unter mich legen konntest. Deine Kitty. | ||
Er hätte sofort auf diese Zeilen reagiert – aber der Brief erreichte ihn zu spät. Wie konnte Kitty das tun? Seine Kitty, das optimistischste Kind, das er kannte, das immer geglaubt hatte, dass das Heu da sein würde? Larry findet auf diese Frage keine Antwort.
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