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Croaton (1 / 5)
Kann man Richard Bachman die Jugendsünde Amok verzeihen? Wissend, was er danach noch geleistet hat, lautet die Antwort klar "ja". Dennoch ist dieser Frühroman harte Kost, denn an ihm stimmt eigentlich gar nichts.
Den einsamen Punkt gibt es auf den noch recht unterhaltsamen Anfang und die Szene, in der Charlie Decker sich per Gegensprechanlage den Schulpsychiater Don Grace vorknöpft – bald aber rutscht der Gott sei Dank kurze Roman in Phasen gähnender Langeweile ab. Gähnende Langeweile während eines Geiseldramas? Ja, das geht! Denn nichts an diesem Roman ist auch nur im Entferntesten glaubwürdig.
Charlie erschießt erst die Mathematiklehrerin Jean Underwood in Raum 16, dann John Vance, der dort nach dem Rechten sehen will – aber 22 von 23 Schülern, die Charlie dort als Geiseln nimmt, stehen sofort zu dem Mörder. Er verspricht ihnen, sie nicht zu töten, er wolle nur reden.
Und damit beginnt das Elend. Wenn Carol Granger und Sandra Cross auf ordinäre Weise über ihre ersten Sexerlebnisse sprechen, möchte man ganze Absätze überspringen, da es Bachman gar nicht gelingen kann, sich hier in eine Frau hineinzuversetzen – niemals würden anerkannte und beliebte Mädchen so reden. Charlies eigene Geschichten sind entweder belanglos oder einfach nur sinnfrei ... und warum am Ende alle über Ted Jones herfallen, der in Charlie als Einziger das sieht, was er ist – ein Irrer –, bleibt auch unklar. Dann wird Ted auch noch katatonisch und muss in eine Klinik; ein peinliches Klischee am Ende.
Das Hauptproblem des Romans ist natürlich die traurige Tatsache, dass die Realität ihn längst ein- und überholt hat. Nach dem, was Eric Harris und Dylan Klebold am 20. April 1999 in Littleton anrichteten (13 Tote und 21 Verletzte), nehmen sich Charlie Deckers Psychospiele wie ein Stuhlkreis im Kindergarten aus. Dass der Amokläufer in Bachmans Buch beinahe verherrlicht wird – man steht zu ihm, ein Mädchen geht zwischendurch auf die Toilette und kehrt zur Geiselnahme zurück, ein anderes meint am Ende stolz: "Wir haben einige sehr gute Dinge über uns gelernt" – stößt einem danach erst recht sauer auf.
Fazit: Unglaubwürdig, trotz des geringen Umfangs langatmig und eher ärgerlich als verstörend – kein Wunder, dass das Buch auf Wunsch des Autors nicht mehr verlegt wird.
Charliedeckerfan (5 / 5)
Ich finde das Buch ist eins der besten, die King veröffentlicht hat. Ich kann mich gut mit Charlie identifizieren und konnte mich gut reinversetzen. Ich muss dennoch Croaton recht geben, dass kein Mädchen öffentlich so reden würde. :) Und auch an manchen Stellen wollte ich nur noch umblättern, aber alles in allem finde ich's lesenswert.
Mr. Dodd (3 / 5)
Diesen Roman sehe ich sehr zwiegespalten. Zum einen ist er ungeheuer spannend geschrieben, man fühlt förmlich den psychischen Druck, der auf der Klasse lastet. Charlie Deckers Gespräch mit dem Psychologen ist eine der krankesten Szenen aus Kings Feder und Charlies Hintergrundgeschichten runden das Ganze ab. Noch dazu hat man bis kurz vor Schluss keine Ahnung, worauf das nun hinausläuft.
Jetzt aber zu den negativen Faktoren. Es ist völlig fehl am Platze allein schon die Handlung aus Sicht von Charles Decker zu erzählen. Der Ich-Erzähler ist sowieso eine von mir unbeliebte Erzählweise, da sie viel zu subjektiv ist. Hier kommt noch hinzu, dass der Amokläufer fast in ein gutes Licht gerückt wird, und seine Taten auf erstaunlich wenig moralische Ablehnung stoßen. Wenn man sich dann die Amokläufe ansieht, die nach der Erscheinung dieses Buches stattfanden, wie Erfurt oder Winnenden, ist das umso übler und gerade solch ein Buch kann in den falschen Händen einen immensen Schaden anrichten. Zum Glück hat King das bemerkt und es vom Markt genommen.
Davon mal abgesehen scheint das Verhalten der Schüler völlig realitätsfremd zu sein und der einzig vernünftig Denkende wird sofort von allen gehasst. Auch steckt Charlie ziemlich gut eine Scharfschützenkugel weg, weil er ein Schloss in seiner Tasche trägt. Aha, wenn ich also Angst haben muss, dass mich jemand erschießt, trage ich einfach ein Schloss über meinem Herzen???
Story und Spannung sind fünf Sterne wert, für die falsche moralische Botschaft und zum Teil üble Logikfehler muss ich zwei Sterne abziehen.
Cel (3 / 5)
Stephen King hat die Veröffentlichung des Buches gestoppt - da muss man doch lesen, was er hier hervorgebracht hat. Die Geschichte ist nett, mehr nicht. Mir persönlich passiert da zu wenig. Ob das ganze als waschechter Amoklauf durchgeht? Der Titel ist mir zu reißerisch. Vielmehr ist es ein gut gemachtes Psychospiel, das auch durchaus fesselt. Allerdings gehen mir die Geiseln zu stark auf Charlie ein. Ein wenig Ablehnung hätte man da schon erwartet, wenn vor einem die Lehrerin erschossen wird. Sehr viel verpasst man nicht, wenn man das Buch bei seiner King-Lektüre auslässt.
Tussauds (5 / 5)
Amok gehört zu den kurzen Romanen von Stephen King, die er unter seinem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte. Auch die eigentliche Kernhandlung geschieht nur innerhalb von vier Stunden. King bedient sich vieler Rückblenden, vor allem aus dem jungen Leben von Charlie Decker um seinen momentanen Geisteszustand zu erklären.
Als Leser muss man sich auf die Geschichte einlassen, sonst funktioniert sie überhaupt nicht. Sie ist zu einer Zeit geschrieben worden, als King Carrie und Kains Aufbegehren schrieb. Werke ohne opulentes Drumherum-Schreiben. Werke über Protagonisten voller Hass, solche, die durch ihr - gefühltes oder echtes - Leiden zu Psychopathen werden und für Außenstehende außer Kontrolle geraten.
Interessanterweise kann ich mich in Charlie Decker zunehmend hineinversetzen. Auch wenn seine Geschichten leicht unrealistisch wirken mögen, so nähren sie doch die Vorstellung über einen sehr einfühlsamen und sensiblen Jungen, der durch einige wenige Ereignisse in Richtung Nervenzusammenbruch abdriftet. Der von seinem Vater missachtet und von seiner Mutter im Stich gelassen wird. Der sich im Schulsystem der Siebziger Jahre in Neuengland nicht zurechtfindet und dafür von Lehrerern gegängelt wird. Der zu schüchtern und zu nervös ist um mit Mädchen seines Alters ernsthaft auszugehen. Dies alles wirkt wie eine Spirale an deren Ende diese vier Stunden stehen in der Charlie nur am Anfang allein gegen alle bestehen muss.
King schafft es für mich, dass Charlie zu einem tragischen Helden wird. Natürlich, er ist ein Amokläufer der - neutral betrachtet - zwei Lehrer brutal ermordet und schließlich den tollsten Jungen von Placerville so fertig macht, dass dieser in einem Irrenhaus landet. Doch wie sich im Lauf der Geschichte herausstellt, ist in Placerville nicht alles so prächtig, wie es den Anschein macht. Ted Jones ist nicht der strahlende Held, er wirkt eher wie ein Schulrüpel, der davon profitiert, dass sich die kleinen schlechten Geschichten, welche die Mädchen über ihn kennen, nicht weiterverbreiten, weil sich niemand mit ihm anlegen will. Charlie ist kein eiskalter Killer, der Amok läuft, weil er unbeliebt ist. Eher im Gegenteil, auch wenn er kein Frauenschwarm ist, so hätte er gewiss Chancen, wenn da nicht sein nervöser Magen und seine Schüchternheit wären.
Ich habe das Gefühl, King streut seine eigenen Erlebnisse mit ein. Entweder die, die er selbst erlebt hat oder gern erlebt hätte - eine Party am Atlantik mit einer Menge Gras inklusive - , oder die Geschichten der Kinder, die er nach seinem Studium unterrichtete. Wie schon in Carrie wirkt er dann etwas ungelenk, wenn er die Mädchen sprechen und handeln lässt, aber auch das ist mehr als ok. Schließlich wird die Geschichte von Charlie Decker erzählt, der ebenfalls kein großer Frauenkenner ist.
Amok halte ich für durchaus gefährlich. Ich glaube, man kann sich als Jugendlicher in Charlie Decker hineinversetzen. Gerade durch seine Erlebnisse in der Vergangenheit könnte es für Schüler leicht sein zu denken, sie müssten ähnliches durchmachen wie Decker. Mahnende Worte von Eltern oder Lehrer, eine schlecht gelaufene Liebelei mit einem Mädchen, ein wenig Gehänsel von Mittschülern. Ich kann nachvollziehen, warum King das Buch nach einigen Amokläufen an US-Amerikanischen Schulen vom Markt genommen hat. Interessant finde ich, dass es inzwischen wieder verfügbar ist. Verwunderlich, denn in meinen Augen hat das eigentliche Kernthema - das Nichtverstehen junger Menschen - nichts von seiner Aktualität verloren.
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