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Abschlusstag: Rezension

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Croaton (3 / 5)

Hat die Kurzgeschichte Abschlusstag nicht vielmehr die Bezeichnung Superkurz-Geschichte verdient? Gerade einmal acht Seiten nimmt sie in der gebundenen Ausgabe von Sunset ein und ist damit Kings kürzester Beitrag zu dieser Sammlung.

Fünfeinhalb dieser Seiten sind recht nichtssagendes Geplänkel; die Story hat im wahrsten Sinne des Wortes erst ganz am Ende einen Knaller zu bieten. Zuerst dachte ich, es handele sich bei Abschlusstag nach Hinterlassenschaften um eine zweite 9/11-Geschichte: ein Feuerball und eine Explosion über New York ...? Doch dann kommt alles anders, noch schockierender, und wie schon bei der vorher genannten Geschichte kann King auch hier die Banalität des Schreckens gut schildern; was Janice Gandolewski in den letzten Sekunden ihres Lebens durch den Kopf geht – die Gedanken an alltägliche Dinge und an alles, was sie und andere nicht mehr tun werden – ist schon beeindruckend.

Dennoch: Acht Seiten genügen nicht, um einen zu fesseln, was sich auch dadurch erklärt, dass King hier einen Traum in – wie er es selbst in seinen Anmerkungen nennt – "dokumentarischer Nüchternheit" niederschrieb. Aber eine Story muss auch ohne Anmerkungen rüberkommen, und das gelingt Abschlusstag nur bedingt.

Fazit: Schockierend, aber einfach zu kurz, um wirklich zu berühren.

Cel (1 / 5)

Mir hat diese Geschichte leider wenig gefallen. Dass sie kurz ist (sehr kurz), trägt wesentlich dazu bei. Die Beziehung zwischen Janice und Buddy scheint interessante Ansätze für eine Geschichte zu bieten - doch mehr als Anmerkungen erfahren wir nicht. In diesem Punkt hätte ich gerne mehr gelesen. Auch die hochnäsige Oma von Buddy kommt gut rüber. Für mich war das nur alles zu wenig, auch am Ende weiß ich nicht mehr als vorher - was ist da passiert (woher weiß Janice das eigentlich so schnell?), wieso - alles bleibt unbeantwortet. Ich habe nichts gegen offene Enden, aber die Geschichte ist mir einfach zu kurz geraten, um mich einzufangen - dafür passiert auch nicht genug.

Horaz Klotz (5 / 5)

Okay, das muss ich vielleicht erklären. Nachdem ich mich bisher immer ziemlich geärgert habe, wenn King eine spontane Explosion gezündet hat, um seine Geschichte zu beenden (Das letzte Gefecht, Die Arena) gefällt mir der Schluss hier ziemlich gut. Was ist der Unterschied? - Als Ende eines komplexen Romans, voller verzwickter Motive und Handlungsfäden wirkt es schnell beliebig und billig einfach alles schnell in Feuer und Rauch aufgehen zu lassen. Als Leser hatte ich mehr als einmal das Gefühl, um ein richtiges Ende betrogen worden zu sein, besonders wenn ich mich vorher durch etliche hundert Seiten gearbeitet hatte, die jetzt mit einem Schlag ziemlich zunichte gemacht wurden. Das ist mir besonders beim letzten Gefecht in Erinnerung geblieben, bei dem Mülleimermanns Atombombe auch einfach eine Woche vorher hätte zünden können. Und unsere Helden mit ihren ewigen Sitzungsprotokollen, Geheim-Hypnose-Missionen und Selbstmord-Wandertouren eigentlich gar nichts zum Schluss beizutragen hatten. Diese Gefahr besteht bei einer 8 Seiten-Mini-Kurzgeschichte natürlich nicht.

Noch wichtiger - diesmal ist ziemlich klar, dass die Explosion keine schnelle Lösung aus dem Nichts ist, sondern von Anfang an Teil der DNA der Story. Denn es ist eben kein beliebiger Tag den King mit einer Atombombe enden lässt, sondern ein Abschlusstag - und damit verknüpfen sich eindrucksvolle narrative Motive. Janice Gandolewski schaut in die Zukunft und merkt nach ein paar Seiten Planung plötzlich, dass sie keine haben wird. Das ist, komprimiert in die letzten schrecklichen Augenblicke, nicht nur dramatisch jenseits vom üblichen Apokalypse-Kitsch, sondern funktioniert auch formell gut - wenn wir uns nach den 8 Seiten denken "Das soll es schon gewesen sein? Da fehlt doch ein richtiger Schluss!" ist das genau der Gedanke, der unseren 18-jährigen Protagonistin durch den Kopf schießen dürfte. Um eine solche Katastrophe wirklich einschneidend-tödlich zu machen, muss die Geschichte ein Stück weit unvollkommen wirken. So stört es mich auch gar nicht, dass die Bombe tatsächlich aus völlig heiterem Himmel fällt und wir nie erfahren wer genau den Big Apple in einen atomaren Bratapfel verwandelt.

Trotzdem gelingt es King in der Kürze der Zeit ziemlich gut, Setting, Gefühle und Charaktere einzufangen. Unsere Teenager-Protagonistin funktioniert als abgeklärte Realistin, die sich damit abgefunden hat nur ein kurzfristig geduldeter Gast in dieser funkelnden Oberschicht-Welt zu sein genauso gut wie als entsetzte Zeugin der Apokalypse. So gut sogar, dass mir ihr Tod näher ging als der so mancher anderer King-Figuren, die ich durch ganze Wälzer begleitet habe. Bei 8 Seiten ist allein das schon eine ziemliche Leistung. Und ganz nebenbei ist sogar noch Platz für eine waschechte Antagonistin. Mit der rassistischen Oma hält noch ein zweites starkes Motiv Einzug in die Story. King führt das Rasse- und Klassedenken ziemlich gnadenlos ad absurdum: Egal was man sich auf seine Herkunft, sein Vermögen oder seinen Stand einbildet, am Ende bleibt von jedem nur ein Häufchen Asche. Das letzte Hemd hat weder Taschen, noch Namensschildchen.

Fazit: Alltäglich, dramatisch, gnadenlos und viel zu kurz. Und damit schrecklich realistisch.


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Orte: Appalachian TrailNew York City
Sonstiges: Atomenergie