The Green Mile: Erzählstruktur
Wie einige Werke von Stephen King weist der Roman The Green Mile eine ganz besondere Erzählstruktur auf (siehe auch Besondere Erzählstrukturen).
Inhaltsverzeichnis
Der Fortsetzungsroman
Das Format an sich
Natürlich steht an oberster Stelle die Tatsache, dass The Green Mile (von März bis August 1996) in sechs Teilen veröffentlicht wurde. Dadurch ergaben sich für den diesbezüglich unerfahrenen Autor einige Stolpersteine (Hauptartikel: Die Problematik von The Green Mile als Fortsetzungsroman): Er übersah bei der Überarbeitung Flüchtigkeitsfehler, verzettelte sich mit der Länge des letzten Teils und verwickelt sich in einen Widerspruch zwischen Form und Inhalt, da Paul Edgecombe, Ich-Erzähler und Tagebuch-Schreiber, ja keine Fortsetzungen, sondern ein einheitliches Werk schreibt. Diesen Konflikt reflektiert (leider) auch die deutsche Übersetzung des Romans.
Doch King liebte das Format, da er jedem Leser somit die Möglichkeit rauben konnte, nach hinten zu blättern und das Ende als Erstes zu lesen – was King zutiefst verabscheut, wie er im Vorwort des Buches klarstellt.
Die Einzelbände
Wer die dünnen englischen Original-Bände kennt, die 1996 herauskamen, erinnert sich an die kommerzielle Ausnutzung der Fortsetzungs-Idee. Nach jedem Band hatten die Leser die Gelegenheit, an einem telefonischen Wettbewerb teilzunehmen. Dieser Wettbewerb war in zwei Teile gegliedert. Zuerst wurde der Leser/Anrufer mit drei Szenen konfrontiert, von denen eine sich tatsächlich im Folgeband abspielen würde. Nachdem der Anrufer sich für eine Option entschieden hatte, musste er auf dem AB in etwa 20 Worten seine Ideen zum weiteren Verlauf des Romans hinterlassen. Umso präziser die Vorstellungen, desto höher die Gewinnchancen. Die Frage, ob solche Vermutungen den Autor selbst inspiriert haben, muss offen bleiben.
Um das gespannte Warten auf den nächsten Roman zu garantieren, baute King in jedes Ende einen Cliffhanger ein (auch das widerspricht dem Tagebuch-Format). Dabei ging King das Wagnis ein, bereits am Ende von Band 1 den Tod des Hauptdarstellers John Coffey vorwegzunehmen.
Weitere Besonderheiten
Gegen die Chronologie
Innerhalb des Romans / der Teile geht es, was die Chronologie betrifft, gründlich durcheinander. Betrachtet man als Beispiel die Unterkapitel von Band 1, so spielen sich die acht Kapitel in folgender Reihenfolge ab: 7 – 4 – 2 – 3 – 5 – 6 – 8, wobei (das nicht erwähnte erste Kapitel beschreibt den elektrischen Stuhl), wobei zu beachten ist, dass Kapitel 8 sogar noch nach dem letzten Band 6 angesiedelt ist; außerdem spielt beinahe der gesamte Band 2 vor Band 1...
Vorwegnahmen
Immer wieder scheint King die Spannung aus dem Roman zu nehmen, da er frühzeitig verrät, wie ein Handlungsstrang ausgehen wird; hier Beispiele aus Band 1:
- Wir erfahren von Coffeys Tod.
- Es wird klar, dass Hauptbösewicht Percy Wetmore, wie er das wünscht, nach Briar Ridge kommen wird.
- Eduard Delacroix' schrecklicher Tod wird vorweggenommen.
Natürlich hat King immer noch die Trumpfkarte in der Hinterhand, wenn er die wahren Hintergründe von Coffeys Tod und vor allem Percys Zukunft erst in Band 6 enthüllt.
| ||||||
|