Premium Harmony: Rezension
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Inhaltsverzeichnis
Croaton (5/5)
Stephen Kings Kurzgeschichte Premium Harmony ist ein kurzer, treffsicherer Schlag in die Magengegend. Mit üblicher Brillanz gelingt es King auch hier wieder, Alltagssituationen zu beschreiben, in denen ein Alptraum einbricht – hier ein Herzinfarkt. Rays und Marys ständige Streitereien sind in ihrer Banalität völlig nachvollziehbar ... dann stirbt sie in einem Laden, und der Leser erwartet einen wegen seiner letzten Worte reuigen Ray, hatte er doch ihren Leibesumfang bissig kritisiert.
Keineswegs aber: Ray erweist sich im Laden als völlig gefühlloser Rassist (auch wenn das nur meine Interpretation sein mag) und Unmensch. Er kniet sich nur zu seiner toten Frau nieder, um nicht wie ein Zuschauer zu wirken; während Sanitäter Mary in der Tat für tot erklären, überlegt er sich, ob er wohl Sex haben könnte mit der gut aussehenden Bedienung und ist abgestoßen von der Tatsache, dass der farbige Ladenbesitzer Mr. Ghosh bei Mary Mund-zu-Mund-Beatmung versuchte. Als Ray herausfindet, dass auch noch ihr gemeinsamer Hund tot ist – er hat ihn im heißen Auto vergessen, sodass dieser ersticken musste –, bricht Ray endlich in Tränen aus: Aber es sind keine echten Tränen, denn irgendwie belustigt ihn der Tod des Hundes Biznezz ja auch. Und dass er jetzt ohne Marys Motzen überall rauchen kann, ist ja auch nicht schlecht.
Diese Gefühlskälte Rays ist es, die mehr an den Nerven zerrt als Marys unvermittelter Tod oder die Teenager, die mit ihren Handys von der Leiche Fotos machen. Die Titel gebende Zigarettenmarke Premium Harmony ist der ironische (denn höchste Harmonie herrscht bei den Burketts sicherlich nicht!) rote Faden der Geschichte: Mary beschwert sich über Rays Tabaksucht, was zum letzten Streit zwischen den beiden führt; später ärgert er sich, dass Mary ihm nicht einmal diese Billigmarke gekauft hätte und am Ende raucht er in neuer Freiheit eine Zigarette auf dem Weg zum Krankenhaus.
Fazit: Der Schrecken eines gefühllosen Menschen – eine Gruselgeschichte ganz ohne übernatürlichen Horror.
Tiberius (4 / 5)
Manchmal wirkt eine Geschichte erst mit dem dafür nötigen Abstand. Beim ersten Lesen ist die Geschichte zu Beginn eher ein kleiner Fingerzeig, dass die Wirtschaftskrise auch an der idyllischen Stadt Castle Rock und dessen Bewohnern nicht spurlos vorbeigegangen ist. Dann scheint es beinahe so, als würde sie wie Moral dahinplätschern und ohne Ziel, ohne wirkliche Aussage enden.
Doch die wahre Magie braucht ein wenig Zeit. Ein wenig an Vorleistung vom Leser. Jedenfalls ist das für mich der Fall gewesen, als ich Premium Harmony in der Sammlung Basar der bösen Träume nocheinmal las. Denn letztendlich versucht King mit den vorher als schwach empfundenen Mitteln zu vermitteln, was alles schief läuft. Für Castle Rock, das nicht mehr wiederzuerkennen ist. Für die Burkettes, die in einer schwierigen Zeit verlernt haben aufeinander ein- oder zuzugehen. Es ist eine Zeit in der die billige Zigarettenmarke aus dem Indianerreservat für den einen das Highlight der Sparsamkeit und für den anderen der Aufhänger ewigwährender und fortlaufender Zankereien ist.
Dazu kommt dieses Unvermögen zu trauern. King führt mehrere Beteiligte auf. Der Ehemann, dessen Gedanken sich sehr schnell darum kreisen, nicht mehr sparen zu müssen. Der Ladenbesitzer, für den das Geschäft schon wenige Minuten später weitergeht. Die anderen Personen im Laden, deren Mitleid schon nach wenigen Standarfloskeln erschöpf zu sein scheint. Sogar die Krankenwagenfahrer passen dort mit hinein, für die der Tod einer Frau ungefähr so wichtig ist wie ein Autounfall mit Blechschaden. Es ist diese Gleichgültigkeit, die fast wie ein Schlag in die Magengrube wirkt. Mary Burkett mag zwar nicht der Engel auf Erden gewesen sein, aber sie war doch ein Mensch!?
Es sind verschiedene Gefühle, die bei mir zum Ausdruck kommen. Da ist die Wut auf die Gleichgültigkeit der Menschen. Die Angst, dass King hier ein sehr realistisches Bild zeichnet, dass man bedenkenlos auch auf andere Fälle kopieren kann. Die Hoffnung, dass diese Geschichte nur eine fiktive Übertreibung ist - und wir uns im echten Leben mehr Zeit für solche Schicksalsschläge nehmen würden. Aber leider ist da auch die enttäuschende Bestätigung eines Großstädters, der ahnt, dass Stephen King hier eine bewegende Geschichte geschrieben hat, die sehr, sehr realistisch sein kann.
Wörterschmied (2/5)
Joar ... mmhh ... schwierig. Ich fand den Hund ganz drollig.
Die sinnlosen Streitigkeiten zwischen Mary und Ray Burkett erinnern mich an wahre Begebenheiten des Zusammenlebens - aber leider sind die beiden Charaktere nur sehr schwach beleuchtet, sodass einem die Rederei ziemlich egal ist. Rays Reaktionen sind sehr stumpf, wie durch milchiges Glas, jedoch lässt die Einleitung nicht vermuten, dass die Ehekrise bereits sooo eskaliert ist, dass Ray überhaupt nicht vom Tod seiner Frau betroffen ist. Und genauso unbeeindruckt blieb auch ich beim Lesen.
2 Punkte gibts für:
- den Ball gabs umsonst, die Zigaretten nicht ("so weit reichte seine Großzügigkeit dann doch nicht...") :D
- den toten Hund ... fies ... aber trotzdem zum Lachen irgendwie! :D
Fazit: Joar ...
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