Ein Tod: Rezension
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Inhaltsverzeichnis
Tiberius (5/5)
A Death ist eine kleine, aber feine Kurzgeschichte, welche King im März 2015 im Magazin The New Yorker veröffentlichte. Da sie online frei verfügbar ist, darf ich hemmungslos spoilern, oder? Na, dann mal los.
King nimmt uns mit in den Wilden Westen zu einer Zeit, als es noch echte Cowboys gab. Jim Trusdale wird verdächtigt, ein Kind wegen einer Silbermünze ermordet zu haben. Sheriff Otis Barclay hat die wunderbare Aufgabe, den Mann festzunehmen und vor Gericht zu bringen. Vor allem hat er auch die Aufgabe, Trusdale vor dem Mob des Ortes zu beschützen, die den nicht intelligent wirkenden Mann für den vermeintlichen Mord lynchen wollen. Vermeintlicher Mord, weil er noch nicht verurteilt ist. Das lösen die Bewohner aber eher pragmatisch. Der Staatsanwalt ist auch der Richter, Trusdales Pflichtverteidiger ist der örtliche Hotelier, der nur mit der Erlaubnis der Cline-Familie seine Arbeit aufnimmt.
Barclay kommen im Laufe der Handlung heftige Zweifel. Trusdale wirkt zwar dumm, aber aufrichtig. Er leugnet, dass er das Mädchen ermordet haben soll. Seinen Hut, den er sonst immer trug, will er verloren haben. Wo, und wie, da ist er sich nicht sicher. Nur töten würde er nicht können. Der Sheriff glaubt ihm. Im Gegensatz zu Anwalt und Richter/Staatsanwalt fragt er sich, was aus Rebeccas Silberdollar geworden ist. Barclays Deputy hatte Trusdale gründlich untersucht, als man ihn festnahm. Dale Gerard, Barkeeper des Saloons Chuck-a-Luck bestätigte, dass der Verdächtige nur zwei Drinks mit seinem eigenen Geld bezahlt hätte. Wo also war das Geld gelandet?
Die Zweifel bringen nichts. Die Jury kommt zu einem eindeutigen Ergebnis. Jim Trusdale soll für seinen Mord an Rebecca Cline am nächsten Tag gehängt werden. Während der Sheriff seinem einzigen Gefangenen die Henkersmahlzeit serviert, wird klar, dass er an dessen Unschuld glaubt. Am darauffolgenden Morgen um 9 Uhr ist aber alles zu spät. Trusdale wird gehängt. Nicht ohne Widerstand. Es braucht Barclay und einen seiner Deputies, um ihn zu bändigen und auf den Galgen zu bringen.
Die Geschichte könnte vorbei sein, wäre da nicht Abel Hines. Der Bestatter bittet den Sheriff, sich etwas anzuschauen. Wie bei vielen Gehängten, ließ auch Trusdales Rektum beim Tod nach und sorgte dafür, dass der Tote seinen Darm in seine Hosen entleerten. Soweit nicht ungewöhnlich, jedoch fand Hines einen Silberdollar im Kot des Verstorbenen. Trusdale muss also Rebeccas Geld verschluckt, und jedes Mal wenn es auf natürlichem Weg wieder herauskam erneut heruntergewürgt haben.
Es ist nichts übernatürliches an der Geschichte. Auch nichts, was man mit den klassischen Motiven der Horrorliteratur auch nur annähernd in Verbindung setzen könnte. Stattdessen bietet die Geschichte ein wenig Law & Order, ein wenig Abenteuer im Wilden Westen und eine Prise The Green Mile. Mir geht es wie Sheriff Barclay. Ich möchte glauben, dass der dumme Mann, den sie festnehmen unschuldig ist. Ich möchte glauben, dass er doch noch irgendwie vom Galgen gerettet werden kann. Denn King präsentiert ihn, als wäre er mit seiner Welt eigentlich im Reinen. Er macht sich scheinbar keine großen Gedanken über seine Zukunft. Wieso würde er also ein Mädchen für eine Münze ermorden? Wieso würde er dann noch im Ort bleiben? Das weiß wahrscheinlich noch nichtmal Trusdale selbst.
Umso effektiver Kings kleiner Plottwist nachdem Trusdale am Galgen baumelt. Schon in der Zeit davor fand ich es beeindruckend, wie nah ich an Barclays eigenen Gedanken war. Der Versuch den Mob des Ortes zurückzuhalten. Die Art und Weise, wie er erst an der Schuld von Trusdale zweifelte, bis hin zur Überzeugung, dass er unschuldig ist. Nur um dann mit dem Ende komplett überascht zu werden.
Maybe that says more about you than it does about him. | ||
Croaton (4/5)
Mir hat die Geschichte gut gefallen, ich habe sie in einem Rutsch gelesen und mich durchwegs gut unterhalten gefühlt. Allerdings sind die Parallelen zwischen Jim Trusdale und John Coffey etwas zu eklatant: Beide sind schwarz und minderbemittelt, beide werden vom wichtigsten Gesetzeshüter der Geschichte für unschuldig gehalten (von Otis Barclay bzw. Paul Edgecombe), beide werden für den Mord an einem Mädchen angeklagt, beide drehen vor Angst fast durch, als sie die Haube des Henkers sehen.
Es ist der Twist am Ende, der der Story das Sahnehäubchen aufsetzt - wäre Jim tatsächlich unschuldig gewesen, wäre die Kurzgeschichte in Banalität untergegangen, so aber spielt sie sehr gelungen mit den Emotionen des Lesers ... und des Sheriffs.
Fazit: Ein kurzer Leckerbissen mit Anleihen an der grünen Meile.