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Version vom 1. Februar 2009, 04:44 Uhr

Maerlyns Regenbogen

nutzbar für
Glaskugeln, Maerlyn, Arthur Eld, Roland Deschain (Prophezeiung), Prim, Rowena, Balken, Balkenbeben, Dogan, Große Alte

Zu Beginn unserer Zeit gab es keine welten und keine Universen, nur die brodelnde, ungezügelte Magie der Prim. Diese phosphoreszierende Ursuppe der Schöpfung wuchs wie eine riesige, hungrige, schillernde Amöbe. Sie fraß das Nichts auf und erfüllte die Stille mit ihrem Murmeln und Flüstern.

Als Erster stieg Gan, der Geist des Dunklen Turms, aus den Tiefen der Prim hervor. Er ragte hoch und grau-schwarz in den Himmel auf, und die spiralförmig in seine Rundung eingelassenen Fenster leuchteten stahlblau. Aus der Mitte von Gans Stirn starrte ein großes Erkerfenster in zwölf Farben: Scharlachrot, Orange, Gelb, Rosa, Dunkelblau, Dunkelgrün, Indigoblau, Lindgrün, Himmelblau, Violett, Braun und Blassgrau. Und obwohl dieses Fenster schön war, leuchtete die runde Scheibe in seiner Mitte Schwarz wie die Leere des Flitzer-Raums.

Als Gan sich immer höher und höher emporreckte, ergossen sich die wasser der Prim aus seinem Nabel. Aus ihrer ungezähmten Magie spann er Mittwelt. Als der Turm weiter in die Höhe wuchs, teilte Mittwelt sich in eine Vielzahl paralleler Welten auf. Gan brachte diese Welten dazu, paillettenartig um die Achse seines Körpers zu kreisen und schuf so die Zeit.

Als die Zeit ihre Mittelachse gefunden hatte, stiegen Sonne und Mond aus der Prim auf und zogen ihre eigenen Bahnen am Himmel. Schon bald gesellten sich der Alte Stern und seine Frau Südstern zu ihnen. Aber während die Götter ihre Plätze oberhalb der irdischen Bühne einnahmen, wuchsen in den tieferen Wassern der Prim andere, schrecklichere Wesen heran.

Die grausigsten neuen Geschöpfe der Prim waren die monströsen Großen. Manche dieser Kreaturen hatten die Gestalt von Kalmaren, manche die von riesigen Tausendfüßlern, wieder andere die von Riesenspinnen mit doppelten Fängen. Alle hatten mit Krallen bewehrte Zangen und weit aufgerissene Mäuler voller Haifischzähne, und alle von ihnen waren hungrig. Aber während die Großen einander täuschten und hintergingen und sich vermehrten, zog die Prim sich allmählich zurück. Manche dieser Ungeheuer verendeten, aber andere flüchteten sich in die Leere zwischen den Welten und warteten.

Als die magische Prim zurückwich, strandeten an den Küsten der vielfältigen Welten zahlreiche Dämonen. Die meisten verendeten, aber einige passten sich an und gediehen prächtig. Zu den Überlebenden gehörten Wesen in Menschengestalt, die jedoch keine Menschen waren. Eine dieser unberechenbaren Kreaturen nannte sich Maerlyn.

Obwohl Maerlyn wie ein graubärtiger Zauberer aussah, war er ein Werkzeug der Prim, ein Geschöpf ungezügelter Magie. Wie die chaotische Kraft, die ihn hervorgebracht hatte, machte er sich nichts aus Ordnung und Stabilität. Er lebte nur zu seinem eigenen Vergnügen, und nichts amüsierte ihn mehr als Chaos zu verursachen.

In Gestalt eines mächtigen Zauberers lehrte Maerlyn die Menschen von Mittwelt die Philosophie der Magie und ihre vielfältigen praktischen Anwendungen. Er zeigte ihnen wie man Durchgänge zwischen den Welten und Tunnels zwischen einzelnen Zeitperioden bauen konnte. Unter seiner Anleitung bauten sie Dogans - Experimentalstationen zur Verschmelzung von Magie und Technik -, und in diesen Dogans stellte das Alte Volk Vernichtungswaffen her.

So entstand ein mächtiges Reich, das sich selbst Imperium nanne. Von ihrer eigenen Bedeutung überzeugt, beanspruchten die Führer des Imperiums die Herrschaft über das gesamte Raum-Zeit-Kontinuum. Um Zeit und Dimension wahrhaft beherrschen zu können, mussten sie jedoch den Dreh- und Angelpunkt der Existenz unter ihre Kontrolle bringen. Deshalb beschlossen sie, den Dunklen Turm neu zu erbauen. Als die Architekten, Elektriker und Maurer in Endwelt eintrafen, erwartete sie jedoch Erstaunliches. Nicht nur war der Turm weit imposanter als bisher angenommen, sondern was sie für Stein gehalten hatten, erwies sich als hart gewordenes Fleisch. Trotzdem wollten sie als Turmbauer berühmt werden und machten sich deshalb an die Arbeit. Aber kaum hatte die erste Abrissbirne das mächtige Bauwerk getroffen, erschütterte ein gewaltiges Beben die Erde. Dieses Balkenbeben verstärke


sich noch, bis sich ein Erdspalt öffnete, aus dem dichter gelber Nebel quoll. Aber dies war kein gewöhnlicher Nebel. O nein! Er stammte aus der mit Ungeheuern angefüllten Leere zwischen den Welten, in der die Großen lauerten. Alle, die auf Suche nach Ruhm und Ehre zum Turm gekommen waren, rannten laut schreiend weg, aber niemand kam sehr weit. Aus den Tiefen des Flitzernebels wwar das Rülpsen eines Großen zu hören.

Überall in Mittwelt öffneten sich Schwachstellen voller Ungeheuer wie Geschwüre auf dem Leib der Existenz. Das Imperium zerfiel - jede Splittergruppe machte die anderen für diese schreckliche Fehleinschätzung verantwortlich -, und wenig später kam es zum Krieg. Männer und Frauen flüchteten entsetzt, aber sie fanden nirgends Zuflucht. Tiere und Pflanzen, die in das giftige Kreuzfeuer gerieten, mutierten und Mittwelt blieb als verstrahlte Wüste zurück. Wie Maerlyn lachte!

Trotz allem Chaos und allen Schrecken überlebte der Turm jedoch. Gan, der auf geborsteten Grundmauern zur Seite geneigt dasstand, ließ einen Tropfen seines Bluts auf die Erde fallen. Der Bluttropfen versickerte am Turmsockel, und an dieser Stelle wuchs eine Rose. Sie war außen rosa, innen leuchtend rot und in der mitte gelb wie die Sonne. Indem die rose sich in die vergiftete Luft emprreckte, begann sie zu singen. Während sie sang, wuchsen weitere Rosen aus der Erde ... mehr und immer mehr, bis der Turm, der nun von einem singenden Blütenmeer umgeben war, sich wieder aufrichtete. Überall in Mittwelt lösten die Giftgaswolken sich auf, und die mit Ungeheuern angefüllten Nebel wichen zurück.

Wie das Land begann auch die menschliche Gesellschaft sich wieder zu erholen, und das Gewebe der Zivilisation wurde neu gewoben. Ehemals feindliche Clans schlossen Verträge und einigten sich zu Baronien. Die Führer der vielen Baronien kamen zu einem Palaver zusammen, bei dem die Gründung des Bundes beschlossen wurde. Gemeinsam vernichteten die Männer des Bundes die raubenden und plündernden gesetzlosen Verwüster; sie spürten die menschen fressenden Mutanten auf, die sich in tiefen Erdklüften verboren hielten; sie erbauten sogar gewaltige Dämme, um die Wasser der Prim zurückzuhalten. In dieser Zeit der Kämpfe wurde ein junger Krieger wegen seiner Tapferkeit und der Fähigkeit, seinen Gefolgsleuten Vertrauen einzuflößen weithin bekannt. Sein Name war Arthur Eld. Und obwohl er weiterhin das Schwert seiner Vorväter an der Hüfte trug, besaß er auch eine neue schreckliche Waffe, der kein Gegner gewachsen war. Arthur bezeichnete seine neue Waffe als Revolver. Mit Waffengewalt zähmte er das Böse in Mittwelt und gewann das Land für die Menschen - nicht für die chaotische Magie zurück.

Aber nicht jedermann war mit dieser Wiederherstellung der Ordnung zufrieden. Tief in seiner Höhle an der Brandungslinie der Prim knirschte Maerlyn mit den Zähnen. In seinem Wahrsagekristall beobachtete er, wie die prächtige Stadt Gilead Stein für Stein wiedererrichtet wurde, damit Arthur der neue König von Allwelt, dort gekrönt werden konnte.

Frieden war langweilig. Menschen die einander nicht an die Kehle gingen, waren langweilig. Die Ewigkeit lag vor dem unsterblichen Zauberer eintönig lang und breit da. Maerlyn tippte sich an die Vorderzähne, dann grinste er. Es wurde Zeit für einen weiteren gemeinen Streich.

Über dem ewigen Feuer, das in seiner Höhle brannte, spann Maerlyn die Wasser der Prim zu Glas. Indem er Geheimworte flüsterte, teilte er die weiße Magie in zwölf vergiftete magische Stränge auf. Zuletzt rollte er diese Stränge zu Kugeln zusammen. Als in seinen Händen nur mehr Schatten zurückblieben, formte Maerlyn daraus eine schwarze Kugel. Während jede der farbigen Kugeln das Geheimnis einer bestimmten Form von magie umschloss - eine die Gabe der Levitation, eine andere das Geheimnis der Telepathie, eine weitere die Fähigkeit, zwischen den welten zu reisen -, enthielt die schwarze nur das Böse der Leere zwischen den Welten. Nach getaner Arbeit strich Maerlyn mit den Händen über seinen Regonbogen und pflanzte jeder verführerischen Kugel einen Fluch ein. Obwohl Magie von Natur aus weder gut noch böse war,würden diese Kugeln ihren Benutzern nur Kummer und Sorgen bringen.

Maerlyn trat an den Rand der Prim und reckte die Arme gen Himmel. Er rief seine Brüder und Schwestern - die Großen - an und forderte sie auf, ihn zur Krönung des neuen Menschenkönigs zu begleiten. Als Männer und Frauen verkleidet, würden sie sich dort an denen rächen, die danach trachteten, sie einzusperren. Dort erwartete sie ein wahres Festmahl.

Die Großen kamen herbei. Und kaum tauchten sie mit ihren schrecklichen insektenartigen Leibern aus der Prim auf, da verwandelten sie sich an der Luft in eine Schar von Rittern und Hofdamen. Die Frauen trugen silberne Roben, die wie Fiscschuppen glänzten. Die Männer trugen Rüstungen, die aus den Augenwinkeln heraus betrachtet aus Muschelschalen gefertigt zu sein schienen. Ihre Waffen waren gewaltige Piken und vergiftete Dreizacke, und ihre flatternden Banner trugen das rad des Chaos. Als letzte tauchte die Älteste aller Großenn aus den magischen


Wassern auf. Als ihr roter, behaarter achtbeiniger Körper aus der Prim kroch, wurde ihre Gestalt so schön, wie sie zuvor abstoßend hässlich gewesen war. In Robe und Schleier aus scharlachroter Seide ergriff sie Maerlyns Hand.

In der wiederaufgebauten Stadt Gilead schritt man mit den Krönungsfeierlichkeiten zur Tat. Auf seinem Schimmelhengst Llamrei ritt Arthur weiß gekleidet durch die Straßen. Junge Mädchen streuten Blumen während die Männer Feuerwerkskörper abbrannten und die Straßenhändler Torten mit Nachbildungen der neuen Krone von Allwelt verkauften, deren dreizehn farbige Edelsteine - einer fürjedes Feld des zentralen Erkerfensters des Turms - durch bunte Kerzen ersetzt waren.

Während Fanfaren erschollen, wurde Arthur in den Thronsaal geleitet. Er nahm auf dem Thron Platz, uund seine oberster Berater, der Edle Kay Deschain, hielt ihm die Krone von Allwelt übers Haupt. Der neue König widmete sein Leben und das seiner Nachkommen dem Schutz des Turms, dann bekam er die mit Edelsteinen geschmückte Krone aufgesetzt. Im Thronsaal brandete Jubel auf; auchh auf den Straßen wurde gejubelt und getanzt. Die schlimme alte Zeit war vorüber, und die schöne neue Zeit hatte begonnen. Aber die Berater des Königs hatten kaum angefangen, einander zu beglückwünschen, als sie auch schon wieder damit aufhören mussten. Der fröhliche Lärm auf den Straßen war verstummt, war durch Stille ersetzt worden. Und in dieser Stille erklang unirdische Flöten- und Lautenmusik.

Die Höflinge drängten zu den hohen Fenstern, und was sie draußen sahen, entsetzte sie zutiefst. Die ehrfürchtig erstaunten Bürger von Gilead standen Spalier für eine Delegation aus beispiellos prächtig gekleideten Männern und Frauen. Ihr Anführer, ein ehrwürdiger Zauberer, näherte sich dem Großen Saal und blieb vor dem mittleren Fenster des Thronsaals stehen. Nachdem er mit seinem Stab aufs Pflaster gestoßen hatte, bat er um Erlaubnis, hinaufkommen zu dürfen. Die Bewohner der Prim, die ältesten Feinde der Menschheit waren mit Friedensgeschenken für den neuen König gekommen.