Traumfänger
Der Traumfänger (orig.: Dreamcatcher) ist das im Original Titel gebende Symbol des Romans Duddits von Stephen King.
Inhaltsverzeichnis
Ursprüngliche Bedeutung
Ein Traumfänger ist ein kulturelles Objekt, das wir den Indianern zu verdanken haben. Jonesy, einer der Protagonisten des Romans, hat eine rudimentäre Vorstellung davon, was es im Volksmund mit dem Traumfänger auf sich hat: "Das ist ein Traumfänger. Ein indianischer Talisman. Der soll die Albträume fern halten, glaube ich." (im Gespräch mit Richard McCarthy, Kapitel 1)
Ein solcher Talisman ist deren Glauben zufolge über dem Bett (oder allgemeiner der Schlafstätte) anzubringen, sodass sich darin die bösen Träume verfangen und nur die guten zum Schlafenden durchdringen können.
Der Traumfänger in der Hütte
Jonesy und seine Freunde haben einen Traumfänger in ihrer Jagdhütte hängen. Er gehörte ursprünglich Lamar Clarendon, Joe Clarendons Vater, und hängt schon solange in der Hütte wie die vier Freunde diese kennen. Er wird nur sehr knapp beschrieben: "Es [das Webstück] war bunt - rot und grün und hier und da auch kanariengelb - und sah aus wie ein Spinnennetz." (ebenda)
Der wirkliche Traumfänger in der Hütte spielt nur eine untergeordnete Rolle - dennoch scheint er in der Tat empfänglich zu sein für ungewöhnliche Geschehnisse. Als Joe und Jonesy nervös Cribbage spielen, um sich davon abzulenken, dass sie ihre Hütte mit dem offenbar kranken McCarthy teilen, der sich ins Schlafzimmer zurückgezogen hat, macht sich der Traumfänger bemerkbar, noch bevor das wahre Unheil über die beiden hereinbricht: "Mitten im Zimmer drehte sich der Traumfänger langsam in einem Luftzug." Doch der Albtraum schlüpft durch.
Das nächste Mal wird der Traumfänger erwähnt, als Jonesy seinen ersten entsetzten Blick auf den Außerirdischen Mr. Gray wirft, und die Tatsache, dass dieses "Spinnennetz" unter dem roten Moos des Byrus verschwunden ist, macht Henry Devlin ganz besonders betroffen, als er die Hütte nach der Attacke dieses Monstrums vorfindet:
Das Erschreckendste war vielleicht das mit rotgoldenem Flaum überzogene Spinnennetz, das über dem Navajo-Teppich hing. Henry starrte es ein paar Sekunden lang an, ehe ihm bewusst wurde, was das eigentlich war: Lamar Clarendons Traumfänger. Henry würde, dachte er, nie erfahren, was genau hier vorgefallen war, aber eines wusste er mit Sicherheit: Diesmal hatte der Traumfänger einen absoluten Albtraum eingefangen. | ||
—Kapitel 11 |
Früher schon, als Duddits' Clique für den Tod von Richie Grenadeau sorgte, ist der im kalten Novemberwind schaukelnde Traumfänger ein erstes Anzeichen für die Freunde, dass etwas Unheimliches geschehen ist.
Der Traumfänger als Symbol
Dass der Traumfänger mehr ist als nur das Gewebe in der Hütte, wird erstmals klar, als Jonesy kurz vor seinem schweren Verkehrsunfall einen Traumfänger mitten über die Straße gespannt zu sehen glaubt, bevor ihn ein Wagen erfasst und schwer verletzt - eine Vision, die er vorübergehend vergessen hat, sobald er unter Schmerzen im Krankenhaus wieder zu sich kommt. In einer außerkörperlichen Todeserfahrung sieht er die Chirurgen, die doch eigentlich um sein Leben kämpfen sollten, unter einem Traumfänger Karten spielen; später erfährt Jonesy, dass er tatsächlich für kurze Zeit klinisch tot war.
Als Jonesy von Mr. Gray übernommen wird und sich in einen fiktiven Schutzbunker in seinem eigenen Kopf zurückziehen muss, dauert es nicht lange, bis sein Unterbewusstsein diesen mit einem Traumfänger ausstattet. Aber in Wahrheit ist dieses Spinnennetz nur ein Symbol - ein Symbol für Douglas Duddits Clavell.
Duddits als Traumfänger
Der geistig behinderte Duddits hat übernatürliche Kräfte; so sieht er etwa die Linie, die ihn befähigt, verloren gegangene Dinge oder auch Menschen (wie Josie Rinkenhauer) zu finden. Seine stärkste Kraft ist jedoch die der Telepathie, und ohne dies zu wollen, gelingt es ihm (ähnlich wie John Coffey in The Green Mile), andere mit dieser Kraft "anzustecken". Seine Telepathie färbt allmählich auf seine besten Freunde ab, doch solange sie getrennt sind, sind diese Fähigkeiten gezügelt, unterentwickelt, ohne Antrieb. Dieser Antrieb ist Duddits, der ihre Fähigkeiten bündeln kann ... wie ein Traumfänger, der die guten Träume bündelt und nur diese durchlässt. Joe ist der Erste, der diese Wahrheit nach Grenadeaus Tod begreift:
"Traumfänger", sagt Biber, und sie verstehen einander auf Anhieb, wie das bei ihnen manchmal so ist, wie es ihrer (irrigen, wie Henry später erkennt) Meinung nach bei allen Freunden ist. [...] Tatsächlich verbindet sie ein Traumfänger, aber es ist nicht Lamars. Duddits ist ihr Traumfänger. [...] Er ist ihr Traumfänger, er vereint sie. |
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—Kapitel 18 |
In Jonesys Zufluchtsbunker wird der fiktive Traumfänger immer wichtiger. Er tanzt an der Decke, als Henry mit Jonesy Kontakt aufnimmt, aus dem Traumfänger heraus ertönt Duddits' Stimme, als dieser seinerseits zu Jonesy vorstößt (im Übringen ist "Traumfänger" eines der wenigen Worte, die der am Downsyndrom leidende Duddits problemlos aussprechen kann).
Im Traumfänger
Doch der Traumfänger ist nicht nur ein Symbol für Duddits als Person, sondern auch für den Zustand der Verbundenheit der Clique. Was im Dunklen-Turm-Zyklus als Ka-Tet bekannt ist, wird hier durch das Symbol des Traumfängers beschrieben: eine innige Verbundenheit mit anderen Menschen, der man sein Leben lang nicht entkommt. Als Henry Jonesy zuruft: "Wir sind in dem Traumfänger, Jonesy! Wir sind in dem Traumfänger, und dort waren wir schon immer! Seit '78!" (Kapitel 21) verleiht er dieser Sicherheit Ausdruck: Sie sind Ka-Tet, sie gehören zusammen und sind dadurch stark. Wenn er befiehlt "Lauf an dem Traumfänger entlang, und komm her zu mir!" (ebenda), will er diese Verbundenheit nutzen und Jonesy somit befreien.
Doch hat dieses Konzept einen gewaltigen Nachteil: Dieses Netz, das sich zwischen den Freunden gesponnen hat, fängt etwas Böses ein: Die Essenz des Außerirdischen Mr. Gray verfängt sich darin, sodass Jonesy die Kontrolle über sich verliert. Er sieht und erlebt, was er aus zahllosen Horrorfilmen erwartet und lässt sich von etwas benutzen, das an sich vielleicht ganz ungefährlich gewesen wäre.
Henry und Jonesy treffen sich schließlich im Traumfänger, an einem irrealen Ort, den Duddits mit seiner letzten ihm noch verbleibenden geistigen Kraft heraufbeschwört und wo sie Mr. Gray gemeinsam den Garaus machen können.
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